Liebe grüne Freundinnen und Freunde,
gerade nach dem Parteitag müssen die Grünen
deutlich machen, das sie weiter in Richtung Gewaltfreiheit arbeiten. In
diesem Sinne meine Thesen für ein grünes Schlüsselprojekt
"Gewaltfreiheit verwirklichen".
Mit freundlichem Gruß
Thomas Mohr
Zur Zukunft des politischen Pazifismus bei den Grünen:
Schlüsselprojekt "Gewaltfreiheit verwirklichen"
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Wenn "politischer Pazifismus" bei Bündnis 90
/ Die Grünen weiter eine Heimat haben soll, muß sichtbar werden,
was grüne Politik konkret zum Ziel der "Überwindung der Institution
des Krieges" (C.F. v. Weizsäcker) beiträgt.
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Krieg ist gerade im Unterschied zu Aggression keine
menschliche Grundtatsache sondern eine gesellschaftliche bzw. staatliche
Einrichtung ("Institution"). Krieg wird vorbereitet: Tötungswaffen
und Massenvernichtungswaffen werden produziert, Soldaten werden zum Töten
auf Befehl ausgebildet.
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Bereits diese Kriegsvorbereitungen zerstören die
Menschlichkeit des Menschen. Deshalb darf Krieg im gesellschaftlichen
Bewußtsein nicht zur Normalität werden. Krieg bleibt ein zu
überwindendes Übel!
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Statt einer militärischen Ausbildung und einem "Ersatzdienst"
braucht diese Gesellschaft eine Ausbildung in friedlicher Konfliktbewältigung,
Mediation und Streitbeilegung angefangen von der kleinsten Ebene in den
Schulen über den Zivilen Friedensdienst zum Einsatz in Spannungs-
und Krisengebieten bis zur Ausbildung von Polizei und Diplomatischem Dienst.
Nicht Gehorsam und Töten, sondern Kreativität und Konfliktfähigkeit
müssen auf dem Lehrplan stehen!
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Die Anarchie der Nationalstaaten muß schrittweise durch
die Verrechtlichung internationaler Beziehungen überwunden
werden. Aus der klassischen Außenpolitik wird Weltinnenpolitik. An
die Stelle von militärischen "schnellen Eingreiftruppen" tritt eine
Kultur der Prävention. OSZE und UNO müssen ausgebaut
und demokratisiert werden. Alle nationalen Armeen müssen zugunsten
einer internationalen Polizeitruppe abgeschafft werden.
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Ohne eine Annäherung der Lebenschancen zwischen Nord
und Süd wird Frieden nicht möglich werden. Deshalb ist eine
soziale und ökologische Weltwirtschaftsordnung notwendig. Eine Welt
für alle!
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Regierungspolitik darf nicht bedeuten, die eigenen
Ziele zu verändern, sondern muß heißen, sich in den kleinen,
momentan möglichen Schritten der Verwirklichung dieser Ziele anzunähern.
In diesem Sinne muß - gerade auch finanziell - sichtbar werden, daß
grüne Politik schrittweise daraufhin arbeitet, den Krieg zu überwinden.
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In der bisherigen grünen Regierungspolitik sind viele
kleine Schritte in dieser Richtung gegangen worden. Sie sind im Verhältnis
allerdings noch zu klein und werden auch nach außen nicht entsprechend
sichtbar gemacht. Die explizite Formulierung eines Schlüsselprojekts
"Gewaltfreiheit verwirklichen" könnte diese langfristige Arbeit
der Grünen ins öffentliche Bewußtsein heben und klarstellen,
daß sich die Grünen noch auf diesem Weg sehen. Dieses Schlüsselprojekt
muß auch Eingang ins neue Grundsatzprogramm finden.
Thomas Mohr
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