BasisGrün - Linke Grüne in Bayern
Ralf Henze 5.11.2001
Mein Rückzug aus BasisGrün 
Liebe Freundinnen und Freunde,

wie bereits angekündigt, trete ich aus dem SprecherInnenrat von BasisGrün zurück.

Mit der rot-grünen Koalition und meiner Wahl als Koalitionskritiker in den Landesvorstand der Grünen lag mir etwas daran, die
hierarischen Strukturen der Partei wieder aufzubrechen und die Basis wieder mehr an der Landespolitik zu beteiligen. Auf regelmäßigen, strömungsfreien Treffen wollte ich von der Basis Anregungen, Kritiken und Aufgaben in den Landesvorstand mitnehmen. Diese Idee wurde vom Großteil des Landesvorstandes und der LT-Fraktion verständlicherweise nicht begrüßt, sondern bekämpft. Wohl auch aus diesem Grund trafen sich auf diesen Treffen fast ausschließlich koalitionskritische
Mitglieder, der Kreis gab sich den Namen BasisGrün.

Es gab regelmäßige Treffen, gleichzeitig wurde ein E-Mail-Verteiler aufgebaut: dieser half zu schneller und preisgünstiger Kommunikation, wichtige Papiere waren über dieses 1996 doch noch recht neue Medium schnell verbreitet. In dem Verteiler kamen bald auch Grüne aus Hamburg (inzwischen bis auf Antje Radcke alle bei Regenbogen) und Niedersachsen dazu, es kam dadurch zu einigen Nordlinken-Treffen).
Landespolitisch dienten die Verteiler u.a., LDKen vorzubereiten (Anträge zu formulieren und zwecks Unterstützung zu verschicken), aber auch bundespolitische Angelegenheiten publik zu machen. Wenn auch die Strukturen im Landesverband Schleswig-Holstein so waren, dass die Linke prozentual recht schwach vertreten war, so konnten durch das Netzwerk einige Erfolge erreicht werden. So konnte ein LDK-Beschluss zur Verweigerung des Wiederanfahrens des AKW Krümmel nur durch eine Manipulation der Abstimmung erreicht werden, was auch das Ende der Koalition bedeutet hätte.

Nach der BDK in Magdeburg zum Wahlprogramm im Frühjahr 1998 wuchs die Unzufriedenheit in der Basis des Bundesverbandes, die einzige linke Gruppierung auf Bundesebene, der Babelsberger Kreis war einigen zu
kompromissbereit , außerdem in erster Linie ein Mandats- und FunktionsträgerInnenkreis ohne Anbindung an die Basis.
Im Sommer 98 sprach - oder besser: mailte - mich Karl-Wilhelm Koch an, dass ein BasisGrün auf Bundesebene und in vielen Landesebenen notwendig wäre. Dieser Idee schloss sich auch Sylvia Kotting-Uhl an. Zwar sah ich dies ähnlich, wollte mir jedoch diese Arbeit eigentlich nicht antun.
Ich tat es dann aber doch.
Das erste bundesweite Treffen fand am Rande der Koalitions-BDK in Bonn statt, weitere Treffen fanden am Rande der nächsten BDKen statt. In Erfurt wurde eine BasisGrüne Erklärung in Anlehnung an die Schleswig-Holsteinische  verabschiedet. Gleichzeitig wurden in einigen Bundesländern BasisGrüne Verteiler eingerichtet, teils gab es auch Treffen.

Der große "Aufschwung" für BasisGrün begann mit dem Kosovo-Krieg, viele Grüne waren dagegen, die Homepage und der wachsende Verteiler bot Informationen, die anderswo nicht zu bekommen waren. Das war für mich wohl die härt erste Zeit, wochenlang machte ich nichts anderes als die Pflege von Mail-Verteilern und Homepage. Durch den Druck aus der Basis, der zum Großteil über die BasisGrünen Verteiler und die Anti-Kriegs-Initiative von Ilka Schröder und Uli Cremer aufgebaut wurde, musste der Bundesvorstand der Grünen eine Sonder-BDK zum Kosovo (die BDK in Bielefeld) einberufen.

Diese BDK war auch eine Zäsur für die grüne Linke: Mit ihr zerbrach der Babelsberger Kreis, BasisGrün war durch den Austritt vieler nicht mehr ein rein grüner Kreis. Der Versuch, im Juni 1999 in Dortmund ein Linkes Netzwerk mit Grünen, Ex-Grünen und Nie-Grünen aufzubauen, scheiterte kläglich, obwohl rund 600 Personen daran teilnahmen.

Im Januar 2000 fand das erste bundesweite BasisGrüne Treffen außerhalb Grüner Parteitage statt, um dem Netzwerk eine Struktur zu geben und auch die Arbeit zu verteilen. Eine demokratische Struktur war auch mein Anliegen, schließlich war BasisGrün bis zu diesem Zeitpunkt quasi identisch mit Ralf Henze. Ich konnte z.B. schlecht für BasisGrün an die Öffentlichkeit gehen, war ich dazu doch nicht legitimiert. (Die Legitimation durch Leute auf dem Treffen nach der Bielefelder BDK konnte nicht als solche betrachtet werden).
Es wurde die Möglichkeit einer Mitgliedschaft eingeführt, sowie ein SprecherInnenrat gewählt, der die Aufgaben von BasisGrün übernehmen sollte. Diesem gehörte ich ebenfalls an. Dieser erste SprecherInnenrat war sehr aktiv , die Arbeit machte viel Spaß, denn es fanden sich immer ohne große Fragerei Mitglieder, die eine anstehende Aufgabe übernahmen.

Im September 2000 fand das zweite Treffen in Frankfurt statt. Am Vorabend gab es eine sehr gut besuchte und von der Presse beachtete Podiumsdiskussion mit Daniel Kreutz (Ex-Grüner und Ex-MdL NRW), Hans-Christian Ströbele (Grüne, MdB), Petra Pau (MdB, PDS), Schmitthenner (IG Metall-Vorstand). Auf dem Treffen selbst wurde ein neuer SprecherInnenrat gewählt, dem auch ich wieder angehörte. Wie Ihr heute spätestens aus dem Rechenschaftsbericht  des SprecherInnenrates erfahren habt, gab es ziemliche große Probleme bezüglich der Zusammenarbeit: Karin Schmidt trat zurück, andere aus dem SprecherInnenrat konnten aus beruflichen Gründen teilweise kaum etwas leisten.
 

Auch ich kündigte auf dem Treffen des SprecherInnenrates im Januar 2001 meinen  Rücktritt spätestens bis zum Sommer an, da ich mich mehr um mein berufliches Fortkommen kümmern muss. Nach fünf Jahren BasisGrün und damit Verzicht auf einige Möglichkeiten musste ich nun einen Schnitt machen. Anfangs fiel mir das Entscheiden-Müssen sehr schwer, schließlich war BasisGrün auf meinem Mist gewachsen und lag mir deshalb sehr am Herzen. Aber das war nicht der einzige Grund, es gab noch Faktoren, die mir die Entscheidung wiederum leichter machten: Es fehlte und fehlt m.E. bei vielen in den Verteilern die Bereitschaft sich aktiv an BasisGrün zu beteiligen. Der Satz in der ersten, in Erfurt verabschiedeten, Erklärung "Wir suchen in erster Linie MitstreiterInnen, nicht AnhängerInnen." hat für mich einen großen Wert. Wenn man Machtstrukturen verhindern will, dann ist jedeR gefordert. Dies ist leider nicht der Fall, es reicht nicht, wenn von den Nicht-Grünen Daniel Kreutz mehr oder weniger der einzige Aktive ist und bei den Grünen auch nur vereinzelte Menschen. Das Projekt BasisGrün sollte für mich nie zu einem reinen Dienstleister werden, sondern es sollte leben! Ein Projekt, das vor sich hindümpelt, i
st dabei, sich überflüssig zu machen.
Vermutlich lassen sich viele dazu verleiten, dass "die da oben" das schon richtig machen. Dazu ist aber der SprecherInnenrat nicht da und welche Folgen das haben kann, haben wir doch bei den Grünen gemerkt, oder?

Vor einem Jahr tat es mit unheimlich weh, als bei mir das Gefühl hochkam, dass es mit BasisGrün bergab geht. Es begann mit den Unstimmigkeiten im SprecherInnenrat nach der Wahl im September 2000. Der SprecherInnenrat war nur mit sich selbst beschäftigt, die eigentliche anstehende Arbeit wurde blockiert, es war nicht mehr so wie im ersten SprecherInnenrat, wo alles wie von alleine lief. So gab es den ersten Rundbrief an alle nur per Post erreichbaren nicht schon im November, sondern erst im Sommer 2001. Schade und frustrierend fand ich, dass Mitglieder des SprecherInnenrates längere Zeit völlig ausfielen, ohne dass dies den restlichen Mitgliedern mitgeteilt wurde.
Besonders danken möchte ich Wolfgang, der trotz ebenfalls großen beruflichen Stresses immer noch die Zeit aufbrachte, vieles zu übernehmen. Ich selbst kam mir manchmal vor wie ein Wasserträger für irgendwelche Profilneurotiker.
Ich musste jedenfalls mit Bedauern feststellen, dass es mit BasisGrün seit September 2000 nicht mehr weiterging, das Ganze eigentlich nur noch vor sich hindümpelte.

Ich hoffe, daher, dass sich SprecherInnenrat und Mitglieder, aber auch alle anderen in den Verteilern, dessen bewusst werden und das Projekt BasisGrün wieder mit Leben erfüllen, auch wenn die Arbeit langen Atem voraussetzt und daher manchmal Frust bedeuten kann.

Inwieweit ich mich selbst noch aktiv in BasisGrün einbringe, das weiß ich jetzt noch nicht, auf jeden Fall werde ich weiterhin politisch aktiv bleiben, nicht mehr nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich.

ab sofort lautet die Adresse der Geschäftsführung/Koordination:
BasisGrün e.V.
c/o Fee Weck, Große Pfahlstr. 16, 30161 Hannover, Tel. (0511) 311222 E-Mail Koordination@BasisGruen.de

Viele Grüße,
Ralf Henze