Helmut Horst
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Die Partei wurde ein wichtiges Glied in der Friedensbewegung der achtziger und neunziger Jahre mit der Devise „Frieden schaffen ohne Waffen“. Diese klare pazifistische Position haben wir in allen Wahlprogrammen bekräftigt und sind dafür auch gewählt worden. Und diese pazifistische Orientierung haben wir beim Zusammenschluß mit dem ostdeutschen Bündnis 90, dessen Mitglieder in der DDR-Friedensbewegung sich für „Schwerter zu Pflugscharen“ engagiert hatten, im Grundkonsens verankert. Dort heißt es ganz unmissverständlich: Wir lehnen Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab. Die Parteiführung, also Bundesvorstand, Parteirat
und Bundestagsfraktion, hat diesen Grundkonsens verlassen. Ihre Exponenten,
z.B. Claudia Roth Kerstin Müller oder Joschka Fischer, bezeichnen
sich nun als „Politische Pazifisten“ , womit sie eine Art Halbpazifismus
propagieren. Sie wollen aus opportunistischer Gründen von der Tradition
und positiven Ausstrahlung des Pazifismus nicht lassen, obwohl sie ihn
durch ihre Beteiligung an den Kriegen der USA, die ja sogar Angriffskriege
sind, verraten haben. Diese „Popas“ tragen damit erheblich dazu bei,
nicht nur den Pazifismus, sondern auch die Grünen unglaubwürdig
zu machen. Sie haben es geschafft, dass heute sich diejenigen in der Partei
rechtfertigen müssen, die am Grundkonsens festhalten und nicht diejenigen,
die dagegen verstoßen!
Sie reden davon, dass sie durch ihre Politik Menschen schützen und befreien sowie Menschenrechten zum Durchbruch verhelfen. Ich kann das weder nachvollziehen noch mittragen, wenn das bedeutet, dass Bomben auf unschuldige Menschen in Serbien oder Afghanistan geworfen werden. Wenn die Grünen sagen, ja, wir stellen doch Bedingungen an unsere Zustimmung zum Krieg, weil wir auch keine Streubomben wollen, dann weiß man nicht, ob man über soviel Naivität lachen oder über soviel Gerissenheit gegenüber der kriegsunwilligen Parteibasis und der Öffentlichkeit weinen soll. Eines ist sicher: Die Kriegsführung der USA oder der NATO hat sich jedenfalls an diese Bedingungen nicht gehalten und wird sie auch in der Zukunft ignorieren. Anders als der Bundeskanzler mit seiner „uneingeschränkten Solidarität“ gegenüber den USA ist die grüne Parteiführung nunmehr „kritisch solidarisch“. Ich bin weder das eine noch das andere! Ich habe mit den Amerikanern angesichts der furchtbaren Anschläge getrauert, aber ich bin nicht solidarisch mit der ungebrochen imperialistischen Politik der USA, die ihre politischen und wirtschaftlichen Ziel weltweit und je nach Lage mit diplomatischen, repressiven und militärischen Mitteln durchzusetzen sucht, ohne sich an internationales Recht zu halten oder dieses gar zu befördern. Amerikas Grüne sind geschlossen gegen den Krieg in Afghanistan, weil es der amerikanischen Regierung dort nicht vorrangig um die Bekämpfung des Terrorismus, sondern um die Kontrolle der Ölquellen im Mittleren Osten geht. Die Kritik an den Atombomben-Abwürfen, am Krieg in Vietnam, an den zahlreichen Interventionen in Lateinamerika, an der Weigerung, am globalen Klimaschutz sich zu beteiligen und die Kritik am konsumorientierten „American way of life“ sind mithin kein Antiamerikanismus, sondern eine Kritik, die von der kulturellen Elite der USA und den kritischen Amerikanern getragen wird. Die Parteiführung meint, dass die Grünen Abstriche
vom Pazifismus machen müssten, um die rot-grüne Koalition zu
erhalten. Ich kann auch diese Auffassung nicht teilen, denn die Ergebnisse
der Regierung sind bislang eher mager. Ich befinde mich hier offensichtlich
im Einklang mit unseren Wählerinnen und Wählern, die uns nach
der Bundestagswahl 1998 eine Wahlniederlage nach der anderen beschert haben
und uns nach Meinungsumfragen nur noch um die Hürde von 5% herum wählen
würden.
Und der „Atomausstieg“ mit seinem Festhalten an der Wiederaufarbeitung
der Brennstäbe, der ungesicherten Entsorgung und dem monströsen
Sicherheitsrisiko gegenüber Terroranschlägen läuft auf eine
Bestands- und Profitgarantie der Energiekonzerne hinaus und kann wahrlich
nicht als ökologisches Meisterstück eingestuft werden.
Die Parteiführung und die Mehrheit der Bundestagsfraktion
sowie die Minister und Staatssekretäre auf Bundes- und Landesebene
gehören heute zur politischen Klasse, zum „Establishment“ der Republik,
wie wir das damals nannten.
Da vielen Grünen bei der Gründung der Partei
das anscheinend eherne Gesetz der Herausbildung einer beherrschenden
Parteioligarchie (Robert Michels) nicht unbekannt war, hatten sie versucht,
durch basisdemokratische Mechanismen wie Rotation der Abgeordneten und
der Vorstandsmitglieder sowie der Beschneidung ihrer Einkommen auf ein
gesellschaftliches Durchschnittseinkommen, entgegenzuwirken. Das Ergebnis
ist bekannt: der Oligarchie ist es gelungen, diese törichten, der
Entwicklung der Partei angeblich im Wege stehenden Einschränkungen
ihrer Macht- und Einkommensentfaltung wieder abzuschaffen, die Grünen
wurden zur normalen Partei und nicht – wie Petra Kelly und andere gehofft
hatten – zur Antiparteien-Partei.
Mit kargen Ergebnissen einer kleinen Regierungspartei könnte ich leben. Aber ich kann als Mitglied und Funktionsträger dieser Partei nicht damit leben, dass uns unsere Regierungsbeteiligung dazu zwingen soll, unsere Essentials aufzugeben! Und das sind für mich unverändert unsere vier programmatischen Säulen aus der Gründungszeit: Eine in SPD-Regierungspolitik stromlinienförmig eingepasste grüne Partei dagegen, sozusagen eine „ökologisch-aufgeklärte Variante des Neoliberalismus“ (Exgrüner Daniel Kreutz), die halte ich für entbehrlich! Solange diese grüne Partei Staatspfründen zu vergeben hat, wird sich an der Herrschaft der Oligarchie nichts ändern. So bitter es ist: die Partei wird sich erst wieder erneuern können, wenn sie bei der nächsten Bundestagswahl an der 5%-Hürde scheitert. Dann werden sich die OligarchInnen ganz schnell woanders ein Betätigungsfeld suchen. Die Partei wäre nicht länger blockiert, sondern könnte zu den programmatischen und basisdemokratischen Anfängen zurückkehren! Man könnte – aus den gemachten Erfahrungen lernend – einen neuen Versuch starten, das Gesetz der Oligarchiebildung zu durchbrechen. Ob es gelingt, muß zweifelhaft bleiben... Ich finde es deshalb sehr begrüßenswert, dass der Verein Basisgrün eine Offensive startet, die den Kurs der Parteiführung ablehnenden Orts- und Kreisverbände dafür zu gewinnen, keine Mitgliedsbeiträge mehr an die Bundesorganisation zu überweisen und sich dem Wahlkampf zur Bundestagswahl zu verweigern. Ich möchte für mich ein deutlicheres Zeichen
setzen und trete aus der Partei aus.
Man mag mir nachsehen, dass auch meine lange geübte
Geduld ihre Grenzen hat.
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