Die politischen Unruhen um den Rücktritt von Ruth Paulig als Fraktionsvorsitzende
der Grünen im bayrischen Landtag
Der Rücktritt von Ruth Paulig hat ein großes Medienecho gehabt.
Deshalb an dieser Stelle nur einige Hintergrundinformationen, die so nicht
in der Presse standen. Ruth die 1998 noch als fast Hoffnungsstern als alleinige
Fraktionssprecherin in den Landtag einzog, ist nicht nur an der mißglückten
Pressekonferenz als Frau in der ersten Reihe gescheitert. Wegen des Anspruchs
neben den einzelnen Themenpolitikern eine zentrale Medienfigur als Gegengewicht
gegen Stoiber aufzubauen, wurde Ruth in eine Rolle gedrängt, die sie
als ausgewiesene Realofrau mit Integrationsfähigkeit mit breiter Unterstützung
begann.
Die Art und Weise, wie sie dieses Amt ausführte, hat aber immer
wieder zu Alleingängen geführt, die solange sie gut gingen, nicht
gestört haben. Im Vorfeld des sich schon wieder anbahnenden Aufstellungsgerangels
um die besten Plätze für die nächste Landtagswahl, zeichneten
sich speziell in Oberbayern diverse Konkurrenzkonstellationen ab,
z.B. mit der jetzigen Landesvorsitzenden, die sich das Ziel gesetzt hat,
wieder als "starke Frau" in den Landtag einzuziehen. Jerzy Montag dagegen
- so heißt es in Münchner Kreisen - will diesmal in den Bundestag.
Die Umstände sind wichtig für die Erklärung, warum es
zu diesem Rücktritt kam. Zu der Pressekonferenz mit dem an Jacob-Creutzfeldt-Erkrankten
und seinen Eltern (diese hatten sich hilfesuchend an Ruth Paulig gewandt)
wurden nur 6-7 fachlich kompetente PressevertreterInnen eingeladen. Gekommen
sind aber - wegen der hohen Brisanz des Themas BSE - zahlreiche Sensationsreporter.
Unglückliche Äußerungen in einer aufgeladenen Stimmung
gaben das Letzte. Ruth hatte die Wirkung dieser Pressekonferenz völlig
falsch eingeschätzt, sie allein hätte aber nicht zu ihrer Demontage
bzw. zu einem Rücktritt geführt.
Die anschließenden Versuche einer auf sie zugespitzten Öffentlichkeitsarbeit
mit einem dafür - aus ihrer Sicht - notwendigen Apparat, wurden nicht
unterstützt. Die Konsequenzen kennen wir alle.
Gratulation aber an Christine Stahl und Sepp Dürr zur Wahl zum Fraktionsvorsitz.
Der Anspruch an die beiden ist hoch: Die Grünen müssen öffentlich
als Oppositionsfraktion wahrgenommen werden und sie benötigen die
Unterstützung, wenn sie als Generallisten zu allen wichtigen Themen
deutlich machen wollen, daß die Grünen in Bayern als Linke Reformpartei
eine Globalalternative zur bayrischen Staatspartei taugen.
Nur wer eine gute Oppositionspolitik macht, ist fähig auch zu regieren.
Der erhoffte Rückwind der Regierung aus Berlin reicht nicht
für den Betrieb eines grünen Windrads in Bayern. Die Grünen
in Bayern müssen sich die Unabhängigkeit bewahren und auch die
Mankos in Berlin zu kritisieren.