Bündnis 90/Die Grünen
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Cem Özdemir, MdB
Gartenstr. 23
71638 Ludwigsburg Fax 07141/901652

z.K. Landesvorstand Ba-Wü
Bundesvorstand


8.Juli 99

Lieber Cem,

nachfolgend unsere Stellungnahme zu dem Papier "Bündnis 90/Die Grünen haben eine zweite Chance verdient" an Dich als Mitunterzeichner und für unseren Kreisverband zuständigen Bundestagsabgeordneten.


Mit dem Papier habt Ihr voll ins Schwarze getroffen und zwar bei denjenigen, die ständig darauf lauern, dass bei Grüns wieder einmal ein parteiinterner Streit losgetreten wird. Was von Euch beklagt wird - Kritik an der eigenen Partei als Prinzip - habt Ihr in vorbildlicher Weise selbst vorgeführt. Euer bildhafter Vergleich mit dem Muff eines Dachbodens und Eure Wortwahl wird kein Beitrag dazu sein, auf sachlicher Ebene über notwendige Veränderungen zu diskutieren.

Auf der Basis des gemeinsam beschlossenen Programmes habt Ihr und haben wir den Bundestagswahlkampf geführt. Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Gleichberechtigung der Frauen sind die Themen, für die Grüne stehen. Wenn Ihr diese nun als Lebenslügen und Lebensirrtümer bezeichnet, habt Ihr einen Wahlkampf unter falscher Flagge gemacht unter Mithilfe der von Euch zum Abgang aufgeforderten 68ern. Es interessiert Euch nicht, wie unsere Partei ihren "Frieden mit der sozialen Marktwirtschaft gemacht hat". Aber vielleicht wäre es ganz gut, die zuweilen stürmische Entwicklung der Grünen zu verfolgen. Das würde Euch verdeutlichen, dass es nicht nur bei heftigen Diskussionen blieb, sondern auch Konsequenzen gezogen wurden. Die Grünen als starre Partei der 68er?

Ihr fordert ein Ende der Identität von Lebensgefühl und Politik und gleichzeitig eine machtbewußte Positionierung. Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Mehrheit unserer Wählerschaft, für die die persönliche Glaubwürdigkeit immer noch einen hohen Stellenwert hat.

Die Widersprüche in Eurem Papier - einerseits Loyalität gegenüber den Promis, andererseits keine Kluft zwischen Parteitags-und Bundestagsfraktionsbeschlüssen - lassen befürchten, dass Ihr das vorhabt, was Blair und Schröder auf unselige Weise vorgemacht haben: Verbiegen bis zur Unkenntlichkeit, um WählerInnen einzufangen. Das Konzept geht nicht auf, und es geht sicher nicht bei den Grünen auf.

Wir bitten Euch darum, keinen Generationenkonflikt zu schüren, sondern daran mitzuarbeiten, dass die Grünen eine glaubhafte Partei bleiben. Das Thema "Programmatische Veränderung würden wir gerne mit Dir auf einer Kreismitgliederversammlung diskutieren. Wegen eines Termines werden wir uns noch vor den Sommerferien mit Dir in Verbindung setzen.


Mit grünen Grüßen

 

Suse Maurer, Roland Frey, Karin Braumiller, Hans Oette

(Mitglieder des Kreisvorstandes Heilbronn)