Kommunales
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Programm-Beispiel : München Kommunalwahl 1996

Vom Rüstungszentrum zum Friedenszentrum München

Eine der Wurzeln von Bündnis 90/DIE GRÜNEN ist die Friedensbewegung. Seit wir im Münchner Stadtrat vertreten sind, haben wir versucht, unsere friedenspolitischen Ziele auf lokaler Ebene umzusetzen und zu unterstützen. Gemeinsam mit den Münchner Friedensinitiativen kämpften wir mit Erfolg gegen zusätzliche Bunkerbauten, für Anreize zur Rüstungskonversion, für die zivile Nutzung militärischer Flächen, für eine kulturelle und schulische Anti-Kriegs-Öffentlichkeitsarbeit und für die Rehabilitierung von Deserteuren des Zweiten Weltkriegs. Weniger Erfolg hatte unser Einsatz gegen säbelrasselnde Militärschauen, gegen Schreibtischspiele der Stadtverwaltung für den Kriegsfall, für einen Friedensbeirat und für ein DENKmal für "Deserteure aller Kriege".  

München war lange Zeit eines der potentesten Rüstungs-, Luft-, Raumfahrt- und High-Tech-Zentren Europas. Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt mahnte die Ökologie- und Friedensbewegung  zum unverzüglichen Einstieg in die Rüstungskonversion und einer schnelleren  Lösung des Problems der ökologischen Zerstörungen und Krisen durch die Rüstungsfirmen. Heute erweist sich, daß diejenigen Firmen, welche die Zeichen der Zeit erkannt und rechtzeitig umgedacht haben, in der derzeitigen Strukturkrise offenbar am resistentesten sind. Doch Rüstung findet in München in großem Umfang auch im Bereich der Softwareentwicklung statt. Hier gibt es noch einen erheblichen Konversionsbedarf.

Zahlreiche Münchner Unternehmen haben schon früh erkannt, daß ressourcenschonendes Wirtschaften zu den Herausforderungen der 90er Jahre gehört und unter dem Motto "ökologisch und zivil orientiert wirtschaften" diesen Trend aufgegriffen. Es sollten aber noch viel mehr werden, damit die Landeshauptstadt München eines Tages mit Stolz von sich behaupten kann, auf dem Weg zu einem durchwegs umweltbewußten und zivilen Wirtschaftsstandort zu sein.

Gerade hier im Raum München ist die Intelligenz und die Technologie vorhanden, um beispielsweise auf dem alternativen Energiesektor, im Energieeinsparungsbereich, in der Erforschung giftfreier Produktalternativen, der Personenbeförderung, der Entsorgungstechnik und in Bezug auf Technologien zur Beseitigung entstandener Umweltschäden eine Pionierstellung einzunehmen. Die Absatzmärkte hierfür wären angesichts der sich anbahnenden Klimakatastrophe, der zunehmenden Vergiftung von Luft, Boden und Wasser langfristig gesichert. Der Bedarf der Kommunen, der Länder und der Regionen in Europa und in Übersee eröffnet neue wirtschaftliche Chancen im Inland und im Export und sichert damit dringend benötigte Arbeitsplätze.

Ein Beispiel für die Förderung friedenspolitischer Ziele zum Nutzen einer modernen ökologischen und ökonomischen Zunkunftsperspektive und entsprechender Beschäftigungseffekte ist die Verleihung des Umweltpreises unter anderem an die Kraus Maffei AG durch das Umweltschutzreferat. Dem Unternehmen ist es - dank eines ökologisch orientierten Managements - innerhalb von zehn Jahren gelungen, einen Geschäftsanteil von 80 % im militärischen Sektor auf 34 % im Jahre 1993 zu senken. 

So werden heute bei Krauss Maffei beispielsweise verschmutzte und lackierte Thermoplaste wiederverwertet und Duroplast recycelt. Bleischlamm wird ebenso wie Altöl in Raffinerien und der Lackschlamm der Automobilindustrie aufbereitet. Kugellager werden laserbeschriftet, bei der Ausbildung von LKW-Fahrern werden Fahrsimulatoren eingesetzt. 

Unterstützt durch die Stadt und besonders durch die grüne Bürgermeisterin Sabine Csampai, die inzwischen zwei internationale Konferenzen über militärische Altlastensanierung eröffnete, ist die DASA inzwischen in diesen Wirtschaftszweig eingestiegen. München, als Hoch-Technologie- und konversionsbereiter Rüstungsstandort, kann hier ein arbeitsmarktpolitisch attraktives Aufgabenfeld übernehmen, welches aufgrund der tickenden Zeitbomben alter atomarer, biologischer und chemischer Waffen international immer stärker nachgefragt wird.

Der neu aufkeimende Nationalismus und die psychische und physische Gewalt gegen ethnische Minderheiten mitten in Europa, in Asien und Südamerika, der nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" nicht mehr für möglich gehaltene Kriege und grausamste Menschenrechtsverletzungen ausgelöst hat, machen deutlich, daß die Anstrengungen für einen nachhaltigen Frieden global und lokal fortgesetzt werden müssen. 

Wir wollen, daß die Stadt München sich weiterhin für die Aufnahme von Deserteuren aus Kriegsgebieten einsetzt. Sie muß alle rechtlichen Spielräume ausnutzen, um sich der Abschiebung von Kriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien zu widersetzen. Ein weiterer Beitrag zur Deeskalation des Balkan-Konflikts ist die Förderung von Aussöhnungsprojekten mit Serben, Kroaten, Deutschen und Muslimen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa stehen wir auch in München vor einer neuen Entwicklung: vor der Öffnung nach Osteuropa. Die Grenzen sind nun zwar offen, aber in den Köpfen der Menschen haben sie sich noch nicht geöffnet. Damit keine neuen Konfrontationen aufgebaut werden, sollte sich die Stadt um die Begegnung der der Menschen aus Ost und West bemühen. Ansatzpunkte hierfür bietet die Partnerschaft mit Kiew, bei der die Hilfe für die unter den Folgen des Reaktorunglücks in Tschernobyl leidende Region im Mittelpunkt stehen muß. Auch die Menschen in Weißrußland waren schwer von dem Unfall betroffen, die Stadt sollte ihre Hilfe anbieten.

Der neue Atomreaktor in Garching birgt nicht nur für die in seiner Nähe lebenden Menschen beträchtliche Risiken. Die Verwendung von hochangereichertem Uran, einem gefährlichen, atomwaffentauglichen Material, konterkariert die jahrzehntelangen internationalen Bemühungen, die Weiterverbreitung diese Bombenstoffs zu verhindern. Trotz der Existenz technologischer Alternativen und offener Ablehnung sogar durch die USA halten die BetreiberInnen am Plan einer "nationalen Neutronenquelle" fest. Da die USA erklärt haben, kein hochangereichertes Uran zu liefern, wird die entsprechende Nachfrage auf den schwarzen und grauen Märkten der ehemaligen Sowjetunion angeheizt werden. Die Stadt München hat daher auch aus friedenspolitischen Gründen die Pflicht, alle politischen und juristischen Möglichkeiten zu nutzen um den Neubau des Reaktors zu verhindern.

Wir setzen uns ein für die Wiederbelebung des Arbeitskreises Rüstungskonversion im Referat für Arbeit und Wirtschaft, einen regelmäßigen FRIEDENSRATSCHLAG der Städte und Regionen mit hohem Rüstungsanteil, Treffen zur friedenspolitischen Perspektive mit unseren Partnerstädten und die Förderung eines FRIEDENSPREISES, mit dem Initiativen geehrt werden sollen, die sich um den Frieden verdient gemacht haben und in der Öffentlichkeit herausgestellt werden sollen. Bei allen diesen Aktivitäten wollen wir die Münchner Friedensinitiativen einbeziehen.

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