GRÜNE BUNDESTAGSFRAKTION FORDERT
NIEDRIGLOHNSEKTOR MIT ZWANGSVERPFLICHTUNG

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Bundestagsfraktion hat gestern mit 6 Gegenstimmen und bei einer Enthaltung das umstrittene Papier zur Wirtschaftspolitik verabschiedet. Dies Papier enthält neben zahlreichen anderen Forderungen, die unserem Bundestagswahlprogramm und bisheriger Grüner Politik widersprechen die Forderung nach einem staatlich subventionierten Niedriglohnsektor. Dabei sollen im Dienstleistungsbereich zwischen 630,- und 1250,- Jobs geschaffen werden, bei denen der Staat die Sozialbeiträge subventioniert.

Wir lehnen diese Pläne aus fachlichen und aus humanitären Gründen ab. Wir halten es für absolut unzumutbar, Arbeitslose zur Annahme eines unterbezahlten und unqualifizierten Jobs zu zwingen. Die Einführung von Zwangsarbeit entspricht in keiner Weise den Zielen unserer Partei, unter denen individuelle Selbstbestimmungsrechte immer einen hohen Wert gehabt haben, dazu gehört auch das in der Verfassung garantierte Recht der freien Berufswahl. Hier werden die ärmsten der Gesellschaft zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

Zudem ist die Einführung von Zwangsmaßnahmen auch fachlich völlig unsinnig. Erfahrungen aus England haben gezeigt, daß hier überwiegend niedrig-produktive und schlecht bezahlte Jobs entstehen. Dies hat zur Entstehung der sogenannten "working Poor" geführt, Menschen, die einen oder mehrere Billigjobs haben (müssen), und trotzdem nicht genug Geld für eine anständige Gesundheitsversorgung. Die Arbeitslosenquote von Großbritannien ist trotz dieser Maßnahmen statistikbereinigt höher als die von Deutschland!

In der Verhandlung des Koalitionsvertrags hatte die SPD ein Papier mit der Forderung nach Zwangsmaßnahmen für Arbeitslose vorgelegt, das von den Fachleuten unserer Partei erfolgreich abgewehrt werden konnte. Im Koalitionsvertrag ist deshalb keine derartige Forderung enthalten. Nun wird von GRÜNER Seite ein Vorstoß in Richtung Zwangsarbeit unternommen.

Wir sind als Realpolitiker daran gewohnt, daß wir in Koalitionen unsere Ziele nicht immer im gewünschten Maße durchsetzen können. Was hier passiert ist jedoch was neues: Die Bundestagsfraktion hat eine Politik beschlossen, die den Zielsetzungen von Bündnis 90 / Die GRÜNEN diametral entgegengesetzt ist. Besonders ärgerlich finden wir es, daß die Bundestagsfraktion hier handstreichartig einen 180-Grad-Wechsel ohne jede Diskussion in der Partei durchpeitscht. Das Papier wurde innerhalb von 2 Wochen im Windschatten des Kosovo-Krieges verabschiedet. Wir sind empört und fühlen uns von unseren Abgeordneten getäuscht. Wir haben im vergangenen Jahr mit großem ehrenamtlichen Einsatz einen kräftezehrenden Wahlkampf geleistet. Dabei haben wir geglaubt, daß unsere Abgeordneten sich auch für die Ziele einsetzen, für die wir uns dabei engagiert haben. Nun wird das Gegenteil, von dem gemacht, für das wir noch vor wenigen Monaten gemeinsam gestritten haben.

Zu dem Punkt Zwangsarbeit ist in der Fraktion sogar ein Änderungsantrag eingebracht worden, der bei sieben Gegenstimmen abgelehnt worden ist. Wir in Münster planen, der Einführung von Zwangsarbeit entschieden entgegenzutreten. Wir sind absolut nicht bereit, eine Politik, die auf Zwangsarbeit setzt, zu unterstützen. Wir bitten alle Kreisverbände und Einzelpersonen, die diese Pläne ebenfalls ablehnen, ihren Protest gegenüber der Bundestagsfraktion zum Ausdruck zu bringen. Wir würden uns freuen, wenn Ihr Kopien etwaiger Protestschreiben an uns schickt oder mailt.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Kreisvorstand Münster

Stefan Riese

Bündnis 90 / Die Grünen Kreisverband Münster

Bremer Str. 54
48155 Münster
Tel. 0251 / 66 20 66
Fax 0251 / 66 44 62
E-Mail:
gruene@muenster.de