Offener Brief
an Katrin Göring-Eckardt, Thea Dückert und
den Fraktionsvorstand der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
zur RENTENREFORM 2000


Rente: Das Wesentliche der Grünen wurde nicht erreicht

 

Liebe Katrin, liebe Thea, liebe Kerstin, lieber Rezzo,

mit Erstaunen haben wir der Pressemitteilung von Katrin Göring-Eckardt und Thea Dückert vom 30.05.00 entnommen, dass wir "mit dem nun vorgelegten Konzept einer Rentenstrukturreform ... unsere wesentlichen Ziele erreicht" haben. Und dabei wird dann noch ausdrücklich hervorgehoben, dass wir "für Armutsvermeidung im Alter sorgen" und eine "eigenständige Alterssicherung für Frauen aufbauen".

Gegen Armut im Alter schwebte uns Grünen eine Grundsicherung vor. Wir haben jahrelang im Vorfeld der Bundestagswahl darüber diskutiert. Diese Vorstellung haben wir im Zuge der Regierungsbeteiligung dann zunächst zu einer Mindestsicherung im Alter zusammenschmelzen lassen. Inzwischen musste man froh sein, wenn in Zukunft Niedrigstrenten ohne Gang zum Sozialamt auf das Sozialhilfeniveau aufgestockt worden wären. Offenbar ist auch dies jetzt in der Koalitionsarbeitsgruppe von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen ad acta gelegt worden und das einzige, was wir dazu hören, ist, dass sie bei der Opposition nicht durchsetzbar wäre. Das wird festgestellt, bevor überhaupt die nächste Zusammenkunft mit CDU/CSU und FDP stattgefunden hat.

Liebe Leute, so schnell lassen wir grüne Elemente der Rentenreform nicht beerdigen. Wie war das doch noch? Unstete Erwerbsverläufe wollten wir absichern. Geblieben sind magere Kinderberücksichtigungszeiten. Sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber ein sehr kleiner. Ebenso steht es mit der privaten Altervorsorge, die kaum mehr als eine Aufstockung der vermögensbildenden Leistungen ist. Wird sie nicht mit der Steuerfreistellung von Altervorsorgezahlungen kombiniert, ist sie unbedeutend. Wird sie es doch, droht dies das unsozialste Steuergeschenk dieser Legislatur zu werden.

Und wie ist es mit der eigenständigen Alterssicherung für Frauen? Übriggeblieben ist das Unterhaltsersatzmodell. Ist das eine Reform des Hinterbliebenenrentenrechts?

Und liebe Leute, was ist mit der Beitragspflicht für Selbständige, Beamte usw. und mit der Vereinheitlichung der unterschiedlichen Alterssicherungssysteme? - Fehlanzeige. Von der Wertschöpfungsabgabe, die jetzt die Grüne Jugend und Jusos fordern, ganz zu schweigen.

Liebe FreundInnen, das magere Ergebnis dieser Rentenreform ist vor allem das Ergebnis von Herrn Riesters magerer Amtsbilanz und der immer wieder erstaunlichen Reformfeindlichkeit der SPD. Das wollen wir Euch nicht vorwerfen. Aber verlangen können wir von Euch schon, dass Ihr Euch erstens hörbar für grüne Ziele einsetzt und zweitens solche Ergebnisse nicht als Erfolg verkauft sondern beim Namen nennt: ein Reförmchen mit deutlicher Schieflage für NiedrigverdienerInnen und zukünftige Generationen.

Wir bitten Euch, in diesem Sinne über die erreichten Ergebnisse doch noch mal intensiv nachzudenken . Zumindest darüber, warum Ihr mit uns mal wieder eins von diesen "Vermittlungsproblemen" habt.


Mit grünen Grüssen

Angelika Albrecht (Mitglied im Bundesvorstand),
Tarik Ahmia (LV Berlin)
Gabriele Behrens (Präsidium Bundesfrauenrat)
Elke Bouillon (KV Ilm-Kreis, Thüringen)
Josef Boyer (KV Bielefeld)
Birgit Ebel (Sprecherin LAG Frauenpolitik NRW, Bundesfrauenrat)
Christoph Erdmenger (Sprecher BAG Wirtschaft und Finanzen)
Conny Folger (Sprecherin Basisgrün Bayern)
Jan Fries (Landesvorstand Bremen)
Gabriele Gutberlet (Sprecherin LAG Wirtschaft und LAG Soziales, Hessen)
Ralf Henze (KV Mannheim)
Katja Husen (KV Braunschweig)
Karl Wilhelm Koch (KV Daun)
Emanuel Kotzian (KV Nürnberg Stadt)
Kalle Kreß (Vorstandssprecher KV Kaiserslautern-Stadt)
Dietmar Lingemann (KV Berlin-Kreuzberg)
Petra Merz (Fraktionsgeschäftsführung Bonner Ratsfraktion)
Sven Metzger (Delegierter der BAG Arbeit und Soziales für die Grüne Jugend)
Sylvia Meyer (Sprecherin der BAG Frauenpolitik)
Regina Michalik (Landesvorstandssprecherin Bündnis 90/Die Grünen Berlin),
Oliver Moldenhauer (Landesschatzmeister Brandenburg)
Steffi Ober (Landesvorstand Rheinland-Pfalz)
Lisa Paus, MdA (Sprecherin BAG Wirtschaft und Finanzen)
Hanns Püllen (KV Bielefeld)
Monika Rauer (KV Leipziger Land)
Thomas Sauer (Sprecher LAK Wirtschaft und Finanzen Bayern)
Carmen Schild (KV Oberhausen)
Matthias Schlegel (Delegierter der BAG Wirtschaft, Thüringen)
Werner Schmidt (Sprecher Bezirksverband Mittelfranken B90/Grüne)
Sven Schreiber (Delegierter der BAG Wirtschaft, Berlin)
Simon Schunk (KV Gießen)
Heidi Tischmann (Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Niedersachen)
Kevin Thurley (Schatzmeister der Grünen Jugend)
Thomas Wardemann (Sprecher KV Barnim; Mitglied BAG Arbeit und Soziales)