Freiburg, den 24. Juni 2000
An
Bündnis 90/Die GRÜNEN:
Kreisverbände Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Freiburg; Landes- und Bundesvorstand, Bundestagsfraktion, Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden
Friedensbewegung: DFG-VK, KADC, RIB u.a.;
zur Kenntnis: Medien
Betreff: Austrittserklärung
Anlass: Bundesdelegiertenkonferenzen in Bielefeld und Münster
Liebe FreundInnen, sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erkläre ich meinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN. Auf verschiedensten politischen Ebenen – als Stadtrat, Kreisvorstand, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und Landesvorstand in Baden-Württemberg, Bundestagskandidat 1994 und 1998 - habe ich mich nach meinem Parteieintritt (1987) für eine Politik eingesetzt, die auf den grünen Grundsäulen der Gewaltfreiheit, Anti-Atompolitik, Emanzipation und Basisdemokratie fundiert.
Mit Eurer Zustimmung zum grundgesetz- und völkerrechtswidrigen Kosovo-Kampfeinsatz, zu Frauen in kämpfenden Einheiten der Bundeswehr, zur aktuellen Aufstockung des "Verteidigungs"etats und vor allem zur Beschaffung neuer High-Tech-Waffen, zur massiven Aufstockung von Krisenreaktionskräften einer schlagkräftigen Interventionsarmee, zu weiteren Rüstungsexporten, zur Entschärfung der EU-Altautoverordnung, zur Bestandsgarantie der Atomindustrie für drei Jahrzehnte, zur Aushebelung der Basisdemokratie undundund... haben Bündnis 90/DIE GRÜNEN ihren Anspruch auf Glaubwürdigkeit verloren. Den Bruch mit dem Pazifismus habt Ihr spätestens mit dem Bundesparteitag in Bielefeld vollzogen, das Fass zum Überlaufen bringen Eure friedens- und energiepolitischen Beschlüsse auf der BDK in Münster.
Ich habe die Hoffnung aufgegeben, Bündnis 90/DIE GRÜNEN seien überhaupt Willens, zur Durchsetzung ihrer programmatischen Ziele den Konflikt mit der Rüstungs-, Automobil- und Atomindustrie zu wagen. Vieles spricht für eine realistische und pragmatische Regierungspolitik, nichts für das Biegen des Rück-grats bis zur Unkenntlichkeit. Schlimmer noch: Mit Euren Konsensgesprächen beugt Ihr Euch dem Diktat der Industrie, das Primat der Politik wird ausgehebelt.
Ich stehe auch weiterhin zu den Inhalten unseres Programms zur Bundestagswahl 1998. Als Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen DaimlerChrysler (KADC), einer der Initiatoren der Abrüstungs-initiative FÜNF FÜR FRIEDEN und Vorstandsmitglied des Rüstungs-Informations-büro Baden-Württemberg (RIB) will ich weiterhin mit Euch im Dialog bleiben.
Da, wo Ihr glaubt, vor der Macht der Großkonzerne kuschen zu müssen, werde ich Euch vehement kritisieren. Da, wo Ihr für eine glaubhafte Friedens-, Verkehrs- und Energiewende eintretet, werdet Ihr in mir einen aktiven Unterstützer finden.
Mit pazifistischen Grüßen