Nach der Muenster BDK der Gruenen:
Was nun, Gruene Linke? - Und was nun, Linke in Deutschland?Als ehemaliges Gruendungsmitglied der Gruenen bin ich 1999 auf der Gruenen-BDK in Bielefeld ausgetreten, als dort mehrheitlich die Gruene Unterstuetzung fuer den NATO-Angriffskrieg auf Jugoslawien abgesegnet wurde. Neben der tiefen politischen Enttaeuschung fiel ich damals auch emotional in ein tiefes Loch. Ich denke - auch wenn ich die BDK Muenster jetzt nur virtuell ueber den Phoenix-Kanal verfolgt habe -, dass es jetzt vielen gruenen Mitgliedern, die sich als links verstehen, aehnlich geht. Und da ist von mir keinerlei Haeme drin, um etwaigen Reaktionen darauf vorzubeugen. Auch heute noch - ueber ein Jahr nach Bielefeld - hat mich die jetzige Entwicklung dieser Partei massiv getroffen, insbesondere emotional, in der ich fast 20 Jahre gearbeitet habe.
Doch es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Bielefeld und Muenster. Die mehrheitliche Bielefelder Kriegsentscheidung entsprang zwar im Kern einer strategischen Planung um Fischer, Friends und CoKG, sie wurde aber auch durch eine starke Unsicherheit der Gruenen Basis - "Was soll man denn anders machen in dieser Situation?" - unterstuetzt und letztendlich im
Sinne der genannten Strippenzieher entschieden.. Etliche Linke haben das nicht mitgetragen, sind ausgetreten, die grosse Mehrzahl der Gruenen Linken verblieb aber in der Partei. So sind nun mal die Fakten, auch wenn sie mir nicht unbedingt schmecken.Der Muensteraner Gruenenparteitag brauchte keine emotionale Fassade mehr, um linke Positionen in die Minderheit zu druecken. Hier wurde eiskalt - und fast immer mit mindestens 60% bis zu einer 2/3-Mehrheit klar von der Basis unterstuetzt -, deutlich gemacht, dass linke Politik fuer die Partei Buendnis 90/Die Gruenen nicht mehr existiert und existieren darf.
Am augenfaelligsten war sicherlich die 2/3-Mehrheit fuer den "AKW- Bestands-Sicherungs-Vertrag" - auf der BDK als "Konsens-Papier" notduerftig verpackt. Das sich in die Tasche luegen ueber den Inhalt dieses Papiers bei der grossen Mehrheit der Delegierten war erschreckend genug. Deutlich weniger beachtet, weil die Entscheidung am Freitagabend kurz vor Mitternacht fiel - in der Konsequenz aber mindestestens genauso veraendernd fuer die Gruene Partei wie der Atombeschluss - war das Plaedoyer von Angelika Beer fuer eine Kriseninterventionsarmee, die von der grossen Parteitagsmehrheit mitgetragen wurde. Das Plaedoyer von Ulli Cremer (Hamburg), dass dies praktische die Blankovollmacht fuer den Eintritt Deutschlands in den naechsten NATO-Krieg sei, verhallte nahezu ungehoert. Sein Gegenantrag zu Beer ebenso wie etwas weichgespueltere Antraege der Linken Gruenen gingen gnadenlos in der nachfolgenden Abstimmung gegen die Beer- Position unter.Nachdem der Parteitag am Freitag inhaltlich tabula rasa mit linken Positionen gemacht hatte, folgte am Samstag die vollstaendige personelle Saeuberung gegen links. Die Gruene Linke verzichtete - oder war nicht in der Lage welche aufzustellen? - auf Gegenkandidaturen zu Kuhn und Kuenast, so dass sich Fischers Friend und girl-friend ohne Konkurrenz bis zu 80% der Deligiertenstimmen holten. Eine im Inhalt, Konzeption und Darstellung um etliche Gewichtsklassen bessere Vorstellung von Felicitas Weck (Hannover und SprecherInnenrat Basisgruen) bei der Bewerbung als BundesgeschaeftsfuehrerIn nuetzte ihr im Endeffekt wenig gegen den Amtsinhaber Buetighofer, der seine schlechte inhaltliche und organisatorische Praxis in den letzten Jahren unter Beweis gestellt hatte und dieser "Empfehlung" noch durch eine grottenschlechte Vorstellungsrede die Krone aufsetzte. Die Botschaft der BDKwar klar, auch wenn Felicitas noch 42 % der
Stimmen enthielt, die BDK wollte keine Linke im Bundesvorstand. Folgerichtig wurden bei den weiteren Wahlen zum Bundesvorstand dann auch die frauenpolitische Sprecherin, Angelika Albrecht (Berlin) und die engagierte Kandidatin der Gruenen Jugend Silke Kottwitz gnadenlos herausgesaeubert.Und was nun? Ich bin sicher, vielen (Noch-)-Gruenen geht es jetzt wie mir nach Bielefeld. Als eine sehr kleine Minderheit derjenigen Gruenen, die nach Bielefeld ausgetreten sind, habe ich mich Anfang 2000 entschieden, in der PDS weiterzuarbeiten - und dass ist auch nicht immer sehr einfach, um es gelinde auszudruecken. Ein Grossteil der Ex-Gruenen geht (bisher?) diesen Weg nicht, die Gruende sind unterschiedlich. Ein groessere Minderheit arbeitet bei BasisGruen mit - ich auch, und das sehr gerne - der Grossteil der Ausgetretenen hat sich ins Privatleben zurueckgezogen, ist fuer linke Politik - ich hoffe nur zur Zeit - nicht mehr ansprechbar.
Nach der Muensteraner Gruenen-BDK duerfte es objetiv gesehen - doch wo ist die Politik schon immer objektiv - fuer Linke keinerlei Perspektive mehr bei Buendnis 90/Die Gruenen geben. Selbst fuer eine Feigenblattfunktion reicht es nicht mehr. Weitere Austritte gerade von aktiven und engagierten Gruenen werden daher folgen. Doch wohin dann? Die Idealloesung gibt es zur Zeit nicht, der resignative Rueckzug ins Privatleben kann fuer Linke aber auch keine Dauerloesung sein. Meines Erachtens kommt den diversen linken Netzwerken wie BasisGruen und anderen und den diversen Cross-Over-Prozessen in den naechsten Jahren eine deutlich wachsende und notwendige Funktion zu. Dort muessen wir gemeinsam - egal, ob einige von uns sich parallel entscheiden, in anderen linken Organisationen mitzuarbeiten oder nicht - solidarisch den Diskussionsprozess fuer eine linke Perspektive in dieser Gesellschaft vorantreiben und diese Gemeinsamkeit auch in konketen Situationen (Castorblokaden, Gewerkschaftsaktionen, etc. - vielleicht auch ein gemeinsames Zeitungsprojekt?) erleben. Vielleicht ergibt sich ja denn in einigen Jahren wieder fuer den Grossteil der jetzt "heimatlosen" Linken eine ausreichende kritische Masse fuer organisatorische Zusammenschluesse, die ueber gelegentliche gemeinsame Aktionen hinausgehen. Wie das Kind dann spaeter heisst, in der sich hoffentlich viele von uns gemeinsam wiederfinden, ist erstens sekundaer, zweitens voellig ungeklaert und drittens zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht notwendig. Trotzdem, oder gerade deshalb, in froher Hoffnung
Michael Braedt (Initiative BasisGruen und KV Hannover der PDS)