Antrag an die BDK Münster :

Gegenstand : Atomausstieg

Für einen Atomausstieg, der seinen Namen verdient !

Die Karlsruher BDK hat mit ihrem Beschluss zur Atompolitik Eckpunkte für einen noch akzeptablen Atomausstieg vorgelegt und dazu erklärt: "Dieses Paket im Ganzen ist für unsere politische Bewertung und Entscheidung ausschlaggebend. Wir unterstreichen, dass die Bewertung aus GRÜNER Sicht auf einer erneuten Bundesversammlung vorgenommen und entschieden werden muss"

Mit der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den vier größten deutschen Stromkonzernen vom 14. Juni 2000 ist dieser Zeitpunkt einer Bewertung gekommen.

Wir stellen dazu fest: Der jetzt vorgelegte "Atomkonsens" überschreitet die in Karlsruhe gezogene Grenze eines aus bündnisgrüner Sicht hinnehmbaren Kompromisses in fast allen Punkten deutlich.

  • Die zulässige Betriebsdauer der deutschen Atomkraftwerke ist derart lange ausgelegt, daß von einem wirklichen Ausstieg aus dieser Technik auf längere Sicht nicht die Rede sein kann. Regellaufzeiten von 32 Jahren, Strommengenberechnungen, die die besten Jahre zur Grundlage nehmen und der 5,5%-"Freundschaftsaufschlag" für Leistungserhöhungen haben zur Folge, dass die Atomkraftnutzung in Deutschland noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht hat: Rund 2500 bisher erzeugten Terawattstunden an Atomstrom stehen weitere 2.600 TWh noch zulässiger Atomstromerzeugung mit der entsprechenden Menge Atommüll gegenüber.
  • Die Anrechnung des abgeschalteten Kraftwerks Mülheim/Kärlich mit 11 Betriebsjahren läßt eine nukleare Leiche wieder zu virtueller Existenz auferstehen; sie verlängert die Laufzeit der RWE-Kraftwerke noch einmal um je drei Jahre.
  • Es wurde ausdrücklich vereinbart, daß in der laufenden Legislaturperiode kein AKW stillgelegt werden muß, dies gilt auch für die besonders gefährlichen Schrottreaktoren Obrigheim, Stade und Biblis A. In der nächsten Legislaturperiode müssen maximal 2 Anlagen stillgelegt werden.
  • Für die Atomkraftnutzung gibt es weder ein absehbares noch ein definitives Ende in Deutschland. Ein AKW wie Emsland hat ( bei 80%iger Auslastung) einen Anspruch bis zum Jahr 2028, Neckarwestheim 2 bis 2026. Der Strommengenhandel könnte ihre Lebensdauer noch verlängern. Unverantwortbaren 30 zusätzlichen Jahren Betriebszeit kommen wir damit bedrohlich nahe.
  • Statt ausdrücklich auf dem Anspruch zu bestehen, Sicherheitsvorschriften in Atomanlagen zum Schutz von Leben und Gesundheit der Menschen verschärfen zu können, verpflichtet sich die Bundesregierung "keine Initiative zu ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard und die diesem zugrundeliegende Sicherheitsphilosophie zu ändern". Damit gibt die Bundesregierung ihre politischen Möglichkeiten für Verschärfungen gegen den Willen der Betreiber weitgehend aus der Hand.
  • Abzulehnen ist auch eine weitere Verpflichtung der Bundesregierung, "keine Initiative zu ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird". Sie liefert den Atomkonzernen ein Recht an die Hand, etwa die Einführung einer Kernbrennstoff-Steuer oder die Überführung von Entsorgungs-Rückstellungen in einen öffentlich rechtlichen Fonds - alles ökonomische Mindestforderungen von Karlsruhe - zu torpedieren.
  • Mit der verbindlichen Zusage, dass die Bundesregierung "den ungestörten Betrieb der Anlagen gewährleistet", werden sowohl im Bund als auch in den Ländern jegliche weitere Initiativen zur Stillegung blockiert.
  • Die Vereinbarungen zur Entsorgung von Atommüll sind mehr als unbefriedigend, sie widersprechen auch erklärten Positionen sowohl der SPD wie der Bündnisgrünen und dem Koalitionsvertrag. Die Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben ist so wenig akzeptabel wie die Genehmigung von Schacht Konrad. Das befristete Moratorium zu Gorleben hilft nur dann wirklich weiter, wenn ein ernsthaftes Verfahren zur Prüfung von Alternativen eröffnet wird.

Die getroffene Vereinbarung zu einem Atomkonsens wird von den Delegierten der BDK deshalb als Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, die Karlsruher Minimalforderungen und die atompolitische Glaubwürdigkeit von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die grünen MandatsträgerInnen der Bundestagsfraktion werden aufgefordert, möglichst gemeinsam mit der SPD-Fraktion, umgehend und ohne weitere Verzögerungen ein Atomausstiegs-Gesetz in den Bundestag einzubringen, dass mindestens die Forderungen von Karlsruhe erfüllt :

Eckpunkte dieses Gesetzes müssen unter anderen sein:

1. Es ist ein definitives Ende der Atomkraftnutzung spätestens im Jahr 2018 festzulegen.

2. Es sind Gesamtlaufzeiten von höchstens 30 Jahren festzulegen.

3. Alle Atomkraftwerke dürfen bis zu ihrer Stillegung nur unter strengsten Sicherheitsauflagen fortbetrieben werden. Ein Verzicht auf zukünftige Verschärfungen, etwa in der Strahlenschutzverordnung, darf nicht erklärt werden.

4. Die Sicherheit der Bevölkerung muss allen anderen Überlegungen vorangehen. Sie besitzt absoluten Vorrang.

5. Die in Karlsruhe beschlossenen ökonomischen Instrumente wie "die Einführung einer Primärenergiebesteuerung von Kernbrennstoffsteuer", die Anhebung der "Deckungsvorsorge auf mindestens 5 Mrd. DM je AKW" und die Überführung der "bislang steuerfreien Rückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds" sind unverzüglich umzusetzen.

Ein Verzicht auf weitere marktwirtschaftliche Maßnahmen zum Abbau der Subventionen für die Atomkraft darf nicht erklärt werden.

6. Der Einstieg in die Energiewende muß weiter verstärkt werden .

7. Für jedes AKW ist ein konkretes, verbindliches Abschaltdatum festzulegen. Wie in Karlsruhe gefordert, darf "die Kapazität der externen Zwischenlager an den AKW-Standorten die klar definierte Restlaufzeit des jeweiligen AKW juristisch wie baulich nicht überschreiten."

8. Die Erkundung des Salzstocks in Gorleben und die Genehmigung von Schacht Konrad sind auszusetzen, um ein umfassendes Verfahren zur Eignung von Kriterien und möglichen Standorten eines Endlagers in Deutschland einzuleiten. Wir halten dabei daran fest, das sowohl an Gorleben als auch an Konrad mehr als erhebliche Zweifel an der Eignung bestehen.

9. Die Bundesregierung setzt sich auch auf europäischer Ebene für eine Verschärfung der Sicherheitsstandards ein. Finanzhilfen für den Bau von Atomanlagen im Ausland werden nicht gewährt.

10. Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente ist schnellstmöglich zu verbieten.

Wir erinnern dabei daran, dass die in Karlsruhe beschlossenen Eckpunkte schon ein sehr weitgehendes Zugeständnis an die SPD und die Energiewirtschaft waren und diese Forderungen nur gegen das Votum einer starken Minderheit von 46 %, die sich auf einen weitergehenden gemeinsamen Antrag des LV Niedersachsen und der Grünen Jugend geeinigt hatten, angenommen wurden.

Auf der BDK in Karlsruhe haben bereits mehr als 330 Delegierte die Forderung unterstützt, dass "diejenigen die den Ausstieg wollen, gemeinsam handeln und damit den größtmöglichen Druck auf die Atomwirtschaft ausüben. Nicht zuletzt, weil ein Scheitern in der Energiepolitik die Existenz der grünen Partei bedrohen könnte, muss besonders in der Frage des Atomausstiegs - einem Herzstück der grünen Politik - Glaubwürdigkeit wichtiger sein als die Koalition."

Wir appellieren deshalb an unsere Führungsspitze, jetzt Geschlossenheit zu zeigen, den vorliegenden Atomkonsens abzulehnen und sich gegenüber der SPD für die Einhaltung der Koalitionsvereinbarung und der Karlsruher Beschlüsse einzusetzen - für einen Atomausstieg, der seinen Namen verdient !

Wir unterstreichen dabei auch unsere Absichtserklärung von Karlsruhe:

"Wir werden uns auch weiterhin ausserparlamentarisch für die Stillegung der Atomkraftwerke einsetzen und uns an den Protesten der Anti-AKW-Bewegung gegen Castortransporte beteiligen: In Ahaus, in Gorleben und anderswo !"

AntragstellerInnen:

Hartwig Berger (MdA, KV Charlottenburg), Karl-Wilhelm Koch (KV Daun), Heidi Tischmann (Landesvorsitzende Niedersachsen, KV Hannover-Land), Christian Meyer (LaVo Niedersachsen, KV Holzminden), Werner Graf (Sprecher GRÜNE JUGEND - Bundesverband, KV Neumarkt), Hiltrud Breyer (MdEP, KV Saar-Pfalz), Elisabeth Schroedter (MdEP, KV Potsdam-Mittelmark), Annelie Buntenbach (MdB, KV Bielefeld), Angelika Albrecht (BuVo, KV Prenzlauer Berg), Klaus-Dieter Feige (Sprecher des LV Mecklenburg-Vorpommern), Rainer Marz (Sprecher, LV Rheinland-Pfalz, KV Trier-Saarburg), Marianne Hürten (MdL, KV Köln), Barbara Oesterheld (MdA, KV Kreuzberg), Ursula Schönberger (KV Braunschweig), Hanno Böck (KV Murr), GRÜNE JUGEND - Bundesverband, KV Lüneburg, KV Bochum-Wattenscheid, Manfred Leschinski (Sprecher KV Harburg-Land), Felicitas Weck (KV Hannover-Stadt), Kalle Kreß (Sprecher KV Kaiserslautern-Stadt), Siegfried Benker (KV München-Nord), Emmanuel Kotzian (KV Nürnberg), Ralf Henze (KV Mannheim), Andreas Knoblauch (KV Salzgitter), Rudi Amannsberger (KV München-Ost), Silke Kollwitz (KV Friedrichshain), Krystyna Grendus (KV Sinsheim), Nils Wiechmann (KV Koblenz), Lydia Dietrich (KV München-Ost), Arndt Schwab (KV Dresden), Dieter Kaufmann (KV Offenbach-Land), Corinna Rüffer (KV Trier-Saarburg), Conny Folger (KV München-Nord), Eckard Wiendl ( KV Daun), Rosi Biewer (KV Bitburg), Jutta Dümpe-Krüger (KV Lippe), Werner Hesse (KV Lüchow-Dannenberg), Konstantin Knorr (KV Hannover-Land), Waltraud Gerke- Wittfoot, Fritz Wittfoot (KV Salzgitter), Julia Verlinden (KV Lüneburg), Benjamin von der Ahe (KV Leer), Hilla Metzner ( KV Tiergarten), Sylvia Kotting-Uhl (KV Odenwald-Kraichgau), Tobias Balke (KV Charlottenburg), Birgit Borsch (KV Bitburg), Kai Peter Amos (KV Donnersberg), Martin Ottensmann (KV München-Nord), Andreas Atzl (KV Neuwied), Pia Meyer (KV Trier-Saarburg), Norwich Rüße, (KV Steinfurth), Kerstin Duhme (KV Charlottenburg), Carsten Milde (KV Hannover-Land), Michael Bruns (KV Soest), Sven Metzger (KV Kreuzberg), Jens Pühn (KV Göttingen), Germanus Hangeling (KV Wilmersdorf), Heinz Klein (OV Kahl), Reiner Erben (KV Augsburg-Land), Egbert Bialk, (KV Westerwald), Rainer Landele (KV Trier-Saarburg), Jutta Dümpe-Krüger (KV Lippe), Ursula Zehfuß (KV Wiesbaden), Helga Nowak, Martin Fuchs, Axel Hogh, Frank Puin, Michael Doege (alle KV Hannover-Stadt), Ute Braedt (KV Goslar), Christopher Schmidt (KV Soltau-Fallingbostel), Peter Ruhwedel (KV Holzminden), Philipp Hagenah (KV Northeim-Einbeck), Caspar Heybl (KV Lüneburg), Nils Lessing ( KV Mettmann), Sigrid Ottensmann (KV München-Nord), Peter Hartung (KV Wetterau), Bernhard Glomm (KV Mark), Hans-Jürgen Schubert (KV Lübeck), Hannelie Fischer (KV Potsdam-Mittelmark), Sven Kemmerling (KV Kleve), Anne Spiegel (KV Ludwigshafen), Wolf Buchmann ( KV Trier-Saarburg), Michael Ihl (KV Saarbrücken), Uwe Weidenbruch (KV Bitburg), Rolf Gramm (KV Odenwald-Kraichgau), Peter Gramm (KV Ansbach), Martin Jürging (KV Dresden), Schmitz-Biewer (KV Bitburg), Kolja Knust (KV Hannover-Stadt), Horst Roese (KV Cuxhaven), Herbert Kreidl (KV Neustadt-Aisch), Peter Dietrich (KV Germersheim), Detlev Paul (KV Mark), Frank Miething (KV Charlottenburg), Gerhard Fritsche (KV Winden), Bernd Parusel (KV Wilmersdorf), Alja Epp-Naliwaiko, Rainer Epp (KV Fulda), Helmut Horst (KV Oberhavel), Norbert Braun (KV Prenzlauer Berg), Michael Greiner (Berlin-Mitte), Vogt-Brenkewitz (KV Daun), Heinrich Messerschmidt (KV Lüchow-Dannenberg), Stefan Franke (KV Kiel), Margarete Rasch (KV Rendsburg-Eckernförde), Vanessa Verlinden (KV Konstanz), Michael Musil (KV Westerwald), Reinhold Möhring (KV Odenwald-Kraichgau), Andrea Hofer (KV Warendorf), Dr. Elke Koller (KV Cochem-Zell), Kai Peter Amos (KV Donnersberg), Friedemann Bringt (KV Dresden), Hartmut Kremer (KV Mülheim/Ruhr), Thomas Keller (KV Rhein-Sieg)