BUKO

Bundeskongress entwicklungspolitischer Aktionsgruppen

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Samstag, 18. März 2000

Presseerklärung

B 90 / Die Grünen haben finanzielle Unterstützung von 3.Welt Gruppen stillgelegt Bundeskongress entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) kritisiert Entscheidung der grünen Bundesdelegiertenkonferenz

Mit der Stillegung des Internationalen Solidaritätsfonds (ISF) für ein Jahr hat die Grüne Partei nach Auffassung des BUKO‘s als Dachverband von über 200 Dritte-Welt-Organisationen der Solidaritätsarbeit eine klare Abfuhr erteilt.

Der BUKO fordert die Grünen auf, die Entscheidung der Bundesdelegiertenkonferenz zu revidieren.

Der Internationale Solidaritätsfond der Grünen unterstützte jährlich mit 300.000 DM Dritte-Welt Gruppen in der BRD und emanzipatorische Bewegungen in der sogenannten 3.Welt.

Für die Nord-Süd-Bewegung und unzählige kleine Basisorganisationen geht nun ein wichtiger, unbürokratisch arbeitender Fonds verloren. Für die Partnerorganisationen aus anderen Kontinenten fehlt eine politisch relevante Adresse in Europa, die bisher eine unkonventionelle Förderung von emanzipatorischen Aktivitäten anbieten konnte. Kein anderes Förderinstrument kann die Arbeit des Solidaritätsfonds ersetzen.

Die frei werdenden Mittel sollen nicht für andere internationalistische und entwicklungspolitische Aktivitäten eingesetzt werden, sondern zur Deckung des allgemeinen Defizits der grünen Partei.

Mit dieser Entscheidung schneiden sich die Grünen ins eigene Fleisch und entwickeln sich zu einer beliebigen Partei der Mitte.

 

 

 

Der SprecherInnenrat des BUKO

Matthias Döring, Christiane Gerstetter (3. Welt Laden, Heidelberg), Ingrid Röder (AKTION3.WELT Saar), Andreas Schüßler (AKE-Bildungswerk; Arbeitskreis Entwicklungspolitik e.V., Vlotho), Klaus Strempel (Afrika-Initiative Hannover),

Dima Zito (Informationsbüro Nicaragua)

 

Anhang: Informationen über den Solifonds

Anhang

Der Beschluss des Parteitags im Wortlaut:

"Der internationale Solidaritätsfonds (ISF) wird für das Jahr 2000 ausgesetzt. Der Bundesvorstand setzt eine Arbeitsgruppe ein, die den Auftrag hat bis zum 30.10.2000 der Bundesdelegiertenkonferenz ein Konzept vorzulegen, wie entwicklungspolitische Basisarbeit weiterhin unterstützt werden kann. ..."

Kommentar: Damit will man das Projekt ISF klammheimlich stilllegen.

 

Der Internationale Solidaritätsfonds (ISF)

Zur Geschichte des Solifonds

Im Jahr 1984 beschlossen die Grünen, die Erhöhung der Wahlkampfkostenrückerstattung anläßlich der Europawahlen nicht der Parteikasse zufließen zu lassen, sondern daraus einen Fonds für die Dritte-Welt-Arbeit einzurichten.

Dies war die Geburtsstunde des Internationalen Solidaritätsfonds der Grünen, kurz Solifonds genannt. Die Wahlkampfkostenerstattung zu den damaligen Europaparlamentswahlen ergab, über fünf Millionen DM.

Aus den Zinsen dieses Vermögens sollten Gruppen in der Dritten Welt und internationalistische Gruppen und Nichtregierungsorganisationen hier, die sich für gesellschaftliche Emanzipation und Befreiung von Unterdrückung und Ausbeutung einsetzen, unterstützt werden. Das geschah auch ein paar Jahre lang. Dann war das Vermögen weg.

Die Partei hatte ganz diskret ihr Wahlkampfgeschenk an die "Bewegung" eingesackt und zum Kauf einer Immobilie, des ersten nationalen Parteisitzes, Haus Wittgenstein bei Bonn, benutzt

Auch in den Folgejahren haben Löcher im Haushalt des Bundesverbandes in schöner Regelmässigkeit zu dem Ansinnen geführt, sie mit den Mitteln des ISF stopfen zu wollen. Von Jahr zu Jahr wurde es für den ISF und seine FreundInnen innerhalb und ausserhalb der Grünen immer schwieriger, klar zu machen, dass mit der vielfältigen Ausstrahlung des ISF in die internationalistische Szene und in das entwicklungspolitische Spektrum hinein der Partei mehr gedient ist, als mit notdürftigem Flickwerk am Haushalt des Bundesverbandes, der chronisch an Schwindsucht leidet.

Im vergangenen Sommer war es dann wieder soweit: überteuerte Parteitage und ein weit über die Kostenvoranschläge hinausgehender Bedarf für den neuen Parteisitz in Berlin, sowie die anhaltenden Wahlniederlagen, die sich in geringeren Zuschüssen und Spenden niederschlugen, hatten ein neuerliches Loch in die Kasse des Bundeshaushaltes gerissen.

Seither geht der Streit darum, ob der ISF mal wieder für Verluste gerade stehen soll, die er nicht verursacht

Zur ehemaligen Arbeit des Solifonds

Der Solifonds unterstützte bis zum Sommer 1999 sowohl die Arbeit der Nord-Süd-Bewegung hier als auch politische Projekte der sozialen Bewegungen in den Ländern des Südens - wie auch friedens- und umweltpolitische und antirassistische Aktivitäten und die Arbeit unabhängiger Initiativen in Osteuropa. Die Mittel wurden von einem gewählten Vergaberat bewilligt, dem VertreterInnen aus den sechzehn Landesverbänden der Partei, aus dem Bundesvorstand, der Bundestags- und der Europafraktion angehörten.

Bewertet wurden die Anträge aus dem In- und Ausland nach ihrer politischen Bedeutung. Die hohe Zahl sinnvoller Anträge führte ständig dazu, daß die beantragten Fördermittel nur zu einem Teil bewilligt werden können.

Die ursprünglich über 5 Millionen DM, die dem Fonds aus der Erhöhung der Wahlkampfkostenrückerstattung zuflossen, wurden ihm allerdings nie als Vergabemittel zur Verfügung gestellt. Diese Summe verblieb bei der Bundespartei. Zuerst wurden die jährlichen Zinserträge vergeben. Später wurde dem Solifonds ein fester Titel im Haushalt der Bundespartei eingerichtet.

Dieser betrug die letzten Jahre DM 300.000, wenn nicht Kürzungen vorgenommen wurden. Im Jahr 1995 beschloss die Bundesdelegiertenkonferenz in Bremen, den Solifonds in die Satzung der Partei aufzunehmen.

 

4 Millionen DM vergeben

In den mehr als 14 Jahren seines Bestehens hat der Solifonds 2.807 Anträge entgegen genommen. Etwa die Hälfte davon wurden positiv beschieden. Für die 1.541 bewilligten Vorhaben in den Ländern der Dritten Welt, Osteuropas und in der Bundesrepublik wurde insgesamt eine Summe von 3.948.000 DM vergeben; im Durchschnitt ca. 2.500 DM/ Projekt. Ca. 85% der Bewilligungen sind für Aktivitäten hier bei uns. Zu 30% geht es dabei allgemein um internationalistische Themen, zu 70% um länderspezifische, friedens- und umweltpoltische und antirassistische Aktivitäten.

 

Klein und groß

Struggles of Students (S.O.S.) erhielten ein paar hundert DM, um "urgent actions" für verfolgte StudentInnen in Kamerun machen zu können. Die Kampagnen 1988 gegen den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank und 1999 zum Weltwirtschaftsgipfel in Köln unterstützte der Solifonds mit jeweils über 50.000 DM..

In der Dritten Welt und hier

Für die Besetzung von Ländereien mit über der gesetzlichen Höchstgrenze liegenden Flächen erhielt die Demokratische Bauernallianz in El Salvador 5.000 DM, während die bundesweite Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen mit 6.000 DM unterstützt wurde.

Basisbewegungen und Nichtregierungsorganisationen

Der Solifonds hat das Arbeiterinnen-Solidaritätsforum Surakarta in Indonesien mit Mitteln für Trainingsseminare gefördert und unterstützt seit einigen Jahren WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung) bei der Herausgabe des Schuldenreports.

 

 

Weitere Informationen bei:

Internationaler Solidaritätsfonds,
Bündnis 90/Die Grünen,
Postfach 040609,
10063 Berlin,
Tel./Fax 0221/249394,
isf-umb@t-online.de