KV Hagen - Kosov@

Die BDK moege beschlieszen:

Das Bombardement der NATO in Jugoslawien musz sofort und ohne Vorleistungen durch die serbische Seite gestoppt werden.

Die 'Luftschlaege' haben sich als nicht zielfuehrend und eindeutig konfliktverschaerfend erwiesen. Ein falscher Weg darf nicht nur aus Gruenden des drohenden 'Gesichtsverlustes' weitergegangen werden, zumal nachtraeglich deutlich geworden ist, daº doch nicht alle diplomatischen Moeglichkeiten ausgeschoepft wurden, und dasz sich der Krieg eben nicht als 'ultima ratio' erweist.

Alle diplomatischen Moeglichkeiten und ein konsequentes Embargo der Bundesrepublik Jugoslawien muessen ausgeschoepft werden, um die serbische Regierung zum Einlenken zu bewegen. Die Ziele fuer eine diplomatische
Loesung sind weiterhin:


- Stop der Vertreibung des albanischen Bevoelkerungsteils im Kosovo

- erkennbarer Abzug der serbischen militaerischen und paramilitaerischen Verbaende aus dem Kosovo

- Stationierung einer UN-Schutztruppe im Kosovo, die den Friedensprozesz ueberwacht und die zivilen Verbaende (OSZE-Beobachter, Non-Government- Organisationen etc.) verteidigen kann. Diese Friedenstruppe musz ueber
ein UN-Mandat fuer ihren Einsatz verfuegen und sollte von Staaten gestellt werden, die nicht der NATO angehoeren. Wenn diese Zusammensetzung nicht durchsetzbar ist, sollen nur solche NATO-Staaten beteiligt werden, die nicht an den Kriegseinsaetzen teilgenommen haben.
Die militaerische Fuehrung dieser Truppe soll nicht von NATO-Staaten gestellt werden. Die Bewaffnung und Schlagkraft der Truppe ist nur durch die UN festzulegen. Das Einsatzgebiet dieser Friedenstruppe ist auf den Kosovo beschraenkt.

- Rueckkehr der Fluechtlinge unter dem Schutz der genannten Friedenstruppe

- Der Kosovo musz eine demilitarisierte Zone werden. Das schlieszt die voellige Entwaffnung der UCK und verbleibender serbischer Einheiten ein.

- Der Kosovo soll eine zivile Uebergangsverwaltung erhalten.

Wesentlich fuer eine stabile Ordnung in der Region ist die zukuenftige staatliche Ausgestaltung des Kosovo. Hier sind alle
Loesungen abzulehnen, die eine Eigenstaatlichkeit oder die Teilung des Kosovo vorsehen. Auch eine Groszalbanische Loesung durch Anschlusz an Albanien wuerde die Region destabilisieren.

Eine dauerhafte Praesenz auslaendischer Truppenverbaende im Kosovo scheint unvermeidlich. In diesem Fall ist eine Besatzung durch die NATO ohne UN- Mandat strikt abzulehnen. Die Einrichtung einer UN-Schutzzone ist anzustreben. Ob der Kosovo langfristig eine autonome Region oder eine eigenstaendige Republik im Rahmen der Bundesrepublik Jugoslawien werden kann, ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu entscheiden. Sicher ist jedoch, dasz die Kriegfuehrung der NATO mit jedem weiteren Tag eine solche Loesung erschwert.

Die Arbeit fuer eine stabile Nachkriegsloesung musz folgende Masznahmen umfassen:

- Eine Suedosteuropa-Konferenz musz die gesamte Ordnung in der Region zum Thema haben.

- Ein umfassender Wirtschaftshilfeplan fuer die betroffenen Gebiete musz aufgelegt und umgesetzt werden.

- Masznahmen zur zivilen Konfliktpraevention und Deeskalation ethnischer und sozialer Konflikte in Suedosteuropa muessen gestaerkt und finanziert werden. Dies schlieszt vor Ort die Schaffung unabhaengiger und demokratischer Medien ein.

Solange der Krieg wuetet, musz die katastrophale Situation der Fluechtlinge im Zentrum der Hilfsmasznahmen stehen.

Hier muessen die Moeglichkeiten geschaffen werden, den vertriebenen Kosovaren ihren eigenen Wuenschen gemaesz zu helfen:

- Ein groszer Teil wird in der Region ausharren wollen.
Diese Fluechtlinge muessen menschenwuerdig leben koennen und mit dem Noetigsten versorgt werden. Das schlieszt Lebensmittel und Unterkuenfte ebenso ein wie die ausreichende psychosoziale Betreuung der zum Teil schwer traumatisierten Menschen. Schon heute muessen Masznahmen geplant werden, auch im Herbst und Winter das Ueberleben der Fluechtlinge vor Ort zu sichern.

- Fuer andere Fluechtlinge ist es essentiell, eine Zeitlang oder dauerhaft aus der Gefahrenzone herauszukommen.
Diesen Menschen musz der Weg nach Westeuropa offenstehen. Hier muessen die Kontingente dringend erhoeht werden. Deutschland soll dies auch einseitig tun, ohne auf die Aufnahmezahlen anderer EU-Staaten zu verweisen. Zudem muessen die Aufnahmebedingungen auch in Hinblick auf Familienzusammenfuehrung und die Wahl des Aufenthaltsortes erleichtert werden.

Die Auswirkung des Kosovo-Konfliktes auf das Verhaeltnis der internationalen Institutionen ist jetzt schon verheerend.
Der Angriff der NATO auf Jugoslawien ist voelkerrechtlich durch nichts gedeckt und stellt die einzige legitimatorische Instanz fuer die Bewaeltigung zwischenstaatlicher Konflikte, die Vereinten Nationen, direkt in Frage. Die Selbstmandatierung eines Militaerbuendnisses ohne UN-Auftrag stellt einen gefaehrlichen Praezedenzfall dar, dessen
Wiederholung auf alle Faelle zu verhindern ist. Die neue NATO-Doktrin sieht die Moeglichkeit der Selbstmandatierung zwar nur als Ausnahme und nur auf der Basis des der UN-Charta zugrundeliegenden Wertesystems vor. Diese Moeglichkeit allein hebelt jedoch die Kompetenzen der UN aus und kann so schnell zur Regel werden.
Buendnis 90/DIE GRUeNEN muessen dieses neue NATO-Konzept ablehnen. Eine Regierung mit gruener Beteiligung musz sich dafuer einsetzen, dasz die NATO sich auf ihre eigentlichen Verteidigungsaufgaben im Buendnisgebiet konzentriert. Gelingt dies nicht, sollte die Bundesrepublik Deutschland das Militaerbuendnis verlassen.

Zu den innenpolitischen Auswirkungen musz festgehalten werden:

Die rot-gruene Regierung hat mit ihrer Entscheidung, dem Krieg beizutreten, Voelkerrecht gebrochen, das Grundgesetz verletzt und auch ihren eigenen Koalitionsvertrag in wesentlichen Punkten ignoriert. Gruene MinisterInnen und MandatstraegerInnenhaben gegen Beschluesse und programmatische Aussagen der Partei in groszem Umfang verstoszen.

Die Gruende dafuer sind vielfaeltig und wenngleich nicht zu billigen, so doch teilweise nachzuvollziehen. Buendnis 90/DIE GRUeNEN unterstuetzen daher nicht die Bestrebungen, gruene MandatstraegerInnen durch den Aufruf zum Ruecktritt fuer ihre Entscheidungen abzustrafen.


Buendnis 90/DIE GRUeNEN erklaeren jedoch sich ausdruecklich solidarisch mit denjenigen Abgeordneten der Regierungskoalition, die sich von Anfang an in ihrem Abstimmungsverhalten klar gegen die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg ausgesprochen haben.
In dieser wichtigen Frage gegen die Fraktionsdisziplin eine abweichende Meinung vertreten zu haben, erfordert besondere
Zivilcourage. Diese Entscheidung verdient hoechsten Respekt.


In den kommenden Wochen muessen deutliche Konsequenzen gezogen werden, um eine Beteiligung an der Regierungskoalition weiterhin zu rechtfertigen. Die Politik der Gruenen in der Regierung musz sein, zu den Aussagen des gruenen Programms und des Koalitionsvertrages zurueckzukehren. Das bedeutet, diesen Krieg einseitig und ohne
Vorbedingungen zu beenden. Wenn dies nicht in einem angemessenen Zeitraum von maximal sechs bis acht Wochen geschieht, ist die Regierungsbeteiligung aufzukuendigen.