Fachbereich Kinder, Jugend, Bildung

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Leuchtendes Vorbild?

Hochschulen in den USA
(von Ingrid Fitzek)

In der aktuellen Debatte zur Hochschulreform wird von BefürworterInnen eines an Markt- und Wettbewerbsprinzipien orientierten Hochschulwesens immer wieder auf die USA verwiesen. Verkrustete Strukturen könne man sich dort nicht leisten. Bei nur geringer staatlicher Unterstützung setzen sich im Konkurrenzkampf um Gelder die effizientesten Hochschulen durch. Lehre, Forschung, Technikeinsatz und Praxisbezug seien daher beispielhaft. Ingrid Fitzek bereiste auf Einladung des US-Department of State im Sommer 2000 fünf US-amerikanische Bundesstaaten und hat sich das dortige Hochschulsystem vor Ort angeschaut. Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen.

Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland mit ihrer sozialstaatlichen Prägung wird es in den USA nicht als gesamtstaatliche Verpflichtung angesehen, den Zugang zu Bildung und Wissenschaft grundsätzlich für alle BürgerInnen offen zu halten. Dementsprechend gibt es bei der amerikanischen Bundesregierung (Federal Government) kein Ministerium für Bildung und Wissenschaft oder eine vergleichbare Instanz, die unmittelbaren Einfluß auf Struktur, Ausstattung und Verfaßtheit des Hochschulsystems hätte. Lediglich die einzelnen Bundesstaaten haben gegenüber den Hochschulen begrenzte Aufsichtsbefugnisse und Gestaltungsmöglichkeiten. Die Hochschullandschaft in den USA wie das gesamte Bildungswesen ist somit dezentral organisiert und nicht durch Rahmengesetzgebungen vereinheitlicht.

Entsprechend dem amerikanischen Staatsverständnis sind die Entscheidungskompetenzen des Federal Government zugunsten der Bundesstaaten sehr beschränkt. Insbesondere im Bereich von Bildung und Wissenschaft gibt es keine nationale Zuständigkeit für Kernaufgaben. Das Federal Government setzt ebenso wie das Parlament (Congress) seine politischen Prioritäten und Akzente durch die Bereitstellung von Geldern für bestimmte Förderzwecke und -programme. Das U.S. Department of Education ist als nationale Behörde für die Umsetzung der Programme und die Verwaltung der diesbezüglichen Mittel zuständig. 1998 betrugen die Gelder für die verschiedenen Stipendien- und Darlehensprogramme für Studierende auf Bundesebene fast 44 Milliarden US-Dollar. . Bei der Forschungsförderung, vor allem im Bereich der Naturwissenschaften und des Ingenieurwesens, ist die National Science Foundation (NSF) von zentraler Bedeutung. Als regierungsunabhängige, aber per Gesetz mit staatlichen Aufgaben betraute Institution, verteilt sie derzeit nicht nur etwa 3,3 Mrd. US-Dollar pro Jahr auf 20.000 Projekte, sondern kann auch die Höhe der Fördermittel für diesen Bereich auf Bundesebene festlegen.

Es wird allgemein akzeptiert, dass sich die letztlich geförderten Schwerpunkte mehr oder weniger in der Auseinandersetzung der Politik mit den verschiedenen Interessengruppen herauskristallisieren.

Verteilung durch Lobbyarbeit

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich in Washington DC eine Fülle von privaten und anderen (Lobby-) Organisationen des Hochschul- und Wissenschaftsbereichs tummeln, die alle mit unterschiedlichen Akzentsetzungen versuchen, Politik und öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Bandbreite reicht von Organisationen wie der American Association of State Colleges and Universities (AASCU), einem Zusammenschluss von 400 öffentlichen amerikanischen Hochschulen oder der National Association for Equal Opportunity in Higher Education (NAFEO), die die Interessen von Hochschulen mit überwiegend Studierenden aus ethnischen Minderheiten vertritt, bis zu gewerkschaftsähnlichen Verbänden wie der American Association of University Professors (AAUP), einem Verband des wissenschaftlichen Universitätspersonals.

Spöttisch wird behauptet, es gebe für jedes Problem die entsprechende Interessenvereinigung oder den passenden Verband. In der Tat ist ihre Zahl kaum überschaubar. Ob dies wirklich für die Lösung von Problemen förderlich ist, darf durchaus bezweifelt werden. So gibt es auch Stimmen, die kritisieren, dass sich ohne eine konkrete gesamtstaatliche Verantwortung für das Bildungswesen die Politik leichter aus der Verantwortung stehlen kann, vor allem dort, wo es keine starken Interessengruppen gibt oder bestimmte Entscheidungen nicht populär erscheinen. Gerade angesichts des Ausgangs der Präsidentenwahl und dem damit verbundenen Wechsel beim Federal Government halten sie dieses System für zu abhängig von der aktuellen politischen Konjunktur. Es würde hauptsächlich kollektiver Unverantwortlichkeit Vorschub geleistet.

Befürchtet wird, dass Fragen, die nicht nur für das Bildungswesen, sondern für die Gesellschaft insgesamt von Bedeutung sind, wie der Schutz und die Förderung von Minderheiten, die Umsetzung der Gleichstellung von Frauen oder die Berücksichtigung von Umweltbelangen und die Reduktion von Umweltrisiken, noch mehr ins Hintertreffen geraten könnten. Letzteres wird durch die Tatsache untermauert, dass einzelne Bundesstaaten wie Kalifornien und Texas die Sondermaßnahmen des Federal Government (Affirmative Action) zur Frauenförderung und zur Förderung ethnischer Minderheiten ablehnen und folglich seit einigen Jahren nicht umsetzen.

Das Märchen von der Unabhängigkeit und enormen Leistungsfähigkeit

In der deutschen Reformdiskussion verweisen alle, die die staatlichen Ausgaben für das Hochschulwesen zu hoch finden, gerne darauf, dass die amerikanischen Hochschulen ohne nennenswerte öffentliche Gelder auskämen. Sie seien so leistungsfähig, dass sie sich im Wesentlichen über eine Mischung aus privaten Spenden, Stiftungsmitteln, Studiengebühren und dem Einwerben von Drittmitteln für konkrete wissenschaftliche Projekte finanzieren könnten.

Die Fakten sprechen allerdings eine andere Sprache. Obwohl von den 4.009 Colleges und Universitäten in den USA 58% privat sind, finanzieren sich alle zu einem beträchtlichen Teil mit öffentlichen Mitteln. Bei den öffentlichen Institutionen sind es 51,1% des Budgets, die sie im Rahmen von Programmen Fördermittel direkt vom Federal Government, dem jeweiligen Bundesstaat oder der Kommune erhalten. Bei den privaten Institutionen macht dieser Bereich immerhin noch 17% aus. Darüber hinaus ist vor allem für die privaten Hochschulen die Studierendenförderung entscheidend. So werden über 42% ihrer Einnahmen (bei den öffentlichen Hochschulen gut 18%) durch Studiengebühren erzielt. 70% der Vollzeitstudierenden bekommen irgendeine Form von öffentlicher Förderung, die über 40% der gesamten Studienkosten abdeckt. Auf diese Weise erhalten auch die privaten Hochschulen den überwiegenden

Teil ihrer Einnahmen aus öffentlichen Kassen.

Um die Leistungsfähigkeit der US-amerikanischen Hochschulen zu belegen, wird sowohl auf die hohen Studierenden- als auch auf die AbsolventInnenzahlen verwiesen. Laut dem U.S. Department of Education studieren derzeit 75% eines Altersjahrgangs; 65% der Bevölkerung haben ein Hochschulzeugnis. Diese Zahlen sind beeindruckend - vor allem, da sie vor 25 Jahren noch bei 20 bzw. 25% lagen. Sie sind ein Beleg dafür, dass in den letzten Jahren im amerikanischen Bildungswesen enorme Anstrengungen unternommen wurden, um das allgemeine Bildungsniveau anzuheben. Für den internationalen Vergleich und insbesondere für den Vergleich mit Deutschland eignen sich die Zahlen allerdings nicht. Wirklich aussagefähig werden sie erst angesichts der Tatsache, dass das Schulsystem anders als in Deutschland strukturiert ist und es keine der dualen Berufsausbildung entsprechende berufliche Bildung gibt.

Mehr als drei Viertel dieser Studierenden sind Undergraduate Students, die auf Colleges gehen. ein Viertel besuchen ein Community-, Junior- oder Technical-College, eine Einrichtung, die eine maximal zweijährige Ausbildung anbietet. Das können entweder auf einen BA-/BS-Abschluß (Bachelor) vorbereitende Ausbildungsgänge sein, deren Lehrinhalte in etwa denen der deutschen gymnasialen Oberstufe entsprechen, oder auch berufsvorbereitende Maßnahmen sowie Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Der Rest der Undergraduate-Studierenden absolviert eine vierjährige Ausbildung mit dem BA-/BS-Abschluss, deren Lehrstoff in Deutschland einer Kombination aus gymnasialer Oberstufe und den ersten beiden Hochschulsemestern entsprechen würde.

Weniger als ein Viertel aller Studierenden, also deutlich weniger als 20% eines Altersjahrganges, sind Graduate Students, die ein Studium absolvieren, das auf den akademisch akzentuierten MA-/MS-Abschluss ausgerichtet ist. Von allen Hochschulen sind lediglich 6% Universitäten, davon die Hälfte Research Universities, d.h. Einrichtungen, die ihre Prioritäten bei der (Spitzen-)Forschung setzen.

Der Großteil der Hochschulen in den USA vermittelt demnach seinen Studierenden Lehrstoff, der in Deutschland im Rahmen der schulischen oder der beruflichen Ausbildung gelehrt wird. Die meisten Studierenden erwerben also mit ihrem Collegeabschluß das Äquivalent eines höheren Schul- oder Berufsfachschulabschlusses. Nach deutschem Verständis wären sie also gar keine StudentInnen.

Beispielhafte Lehre?

Vor dem Hintergrund der Aufgaben der amerikanischen Colleges wird nachvollziehbar, dass die Lehre eher schulischem Unterricht als der Lehre an einer bundesdeutschen Hochschule entspricht. Die meisten amerikanischen Lehrenden verstehen sich deshalb auch als LehrerInnen, da sie schwerpunktmäßig unterrichten.

Eine positive Konsequenz davon ist, dass der Lehre im hochschulischen Geschehen eine deutlich höhere Bedeutung beigemessen wird als an bundesdeutschen Hochschulen. Trotzdem sind für die Reputation als WissenschaftlerIn in den USA ebenso wie in Deutschland die Leistungen in der Forschung maßgebend. Gute Lehre spielt für das Ansehen in der Scientific Community nach wie vor nur eine nachgeordnete Rolle.

Vor allem in den unterschiedlichen Verbänden des Hochschulbereichs wird darüber diskutiert, wie die Qualität der Lehre zu verbessern sei. Neben der Frage, welche Angebote zur didaktischen Weiterbildung eingeführt werden müssen, geht es insgesamt darum, welche Maßnahmen zur inhaltlichen und didaktischen Qualitätssicherung des Studium notwendig sind. Obwohl an allen amerikanischen Hochschulen Evaluationsverfahren eingeführt wurden, wird genauso wie in Deutschland für diesen Bereich Nachbesserungsbedarf festgestellt. Darüber hinaus wird kritisch gesehen, dass es an vielen Colleges und Universitäten zwar eine gute computertechnische Ausstattung gibt, aber überzeugende Konzepte darüber fehlen, wie die Technik sinnvoll in die Lehre integriert werden kann.

Wird in der bundesdeutschen Hochschuldiskussion vielfach beklagt, dass es zu wenig unmittelbare Berufs- und Praxisbezüge im Studium gibt und dabei auf das US-amerikanische Studium verwiesen, wird in den USA aktuell die Frage gestellt, ob die Studierenden nicht zu viel praxisnahe Ausbildung bekämen, das Studium zu schmalspurig sei, und stattdessen mehr akademische Bildung im humboldtschen Sinne nötig wäre - wie es z.B. in Deutschland üblich ist.

Technikkritik als Störfaktor

North Carolinas Wirtschaft war in erster Linie durch den Tabakanbau und die Tabakindustrie bestimmt. Daneben spielten die Textil-, Möbel-, Papier- und Elektroindustrie eine wichtige Rolle. Der Niedergang dieser Wirtschaftszweige seit Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre führte zu einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf über 20% in einigen Regionen, und damit verbunden zu erheblichen gesellschaftspolitischen Problemen.

Vor diesem Hintergrund setzte die Regierung des Bundesstaates Anfang der 1980er Jahre auf eine offensive Forschungs-, Ansiedlungs- und Vermarktungspolitik im Bereich der Bio- und Gentechnologie, die von schulischen Bildungsprogrammen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen der Bevölkerung kontinuierlich flankiert werden sollte. Im Städtedreieck zwischen der Hauptstadt Raleigh, der Stadt Durham, dem Sitz der renomierten Duke University, und Chapel Hill, wo die älteste staatliche Universität, die University of North Carolina, ansässig ist, wurde das North Carolina Biotechnology Center ins Leben gerufen. Damit wurde der Grundstein für das Research Triangle (RT) gelegt, dem Silicon Valley der Bio- und Gentechnologie.

RT ist heute die größte Ansiedlung von biotechnologischem Know-How im Süden der USA. Etwa 200 Unternehmen bzw. Firmen, die im weitesten Sinne in diesem Bereich arbeiten, haben sich entweder im RT angesiedelt oder sind neu gegründet worden. Schwerpunkt der Unternehmen ist der medizinische und pharmazeutische Sektor. Zusammen mit den beiden Universitäten setzt das Biotechnology Center auf die entschlossene Förderung von Forschung und Entwicklung verbunden mit einer schnellen Vermarktung der Ergebnisse.

Diese Politik blieb ökonomisch nicht ohne vorzeigbare Erfolge. Die Region boomt. Das Biotechnology Center spricht von 20.000 Menschen, die mittlerweile in diesem Industriezweig beschäftigt sind und einem Wachstum an Arbeitsplätzen um 10% pro Jahr. Die Arbeitslosigkeit im RT liegt unter 3% . In North Carolina insgesamt beträgt sie je nach Region zwischen 10 und 15%, mit abnehmender Tendenz. Zusätzlich profitieren die im RT ansässigen Kommunen nicht nur von den Steuereinnahmen, viele Unternehmen fördern für ihre Imagepflege auch soziale und kulturelle Einrichtungen. Das überzeugt die Menschen. Die Vision von Wissenschaft als Jobmaschine hat hier offensichtlich funktioniert.

Bei so viel Erfolg löst die kritische Frage, ob mit der offensiven Förderung und Vermarktung der Gentechnik im Hinblick auf eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung nicht auf das falsche Pferd gesetzt wird, spürbare Irritationen aus. Das Thema Risiko- bzw. Technikfolgenabschätzung spielt weder politisch noch wissenschaftlich eine Rolle. Beim Gespräch in der National Science Foundation (NSF) in Washington DC ist man diesem Thema gegenüber noch aufgeschlossen gewesen und hat recht freimütig festgestellt, dass dieses Feld sehr vernachlässigt worden ist und die NSF hier keinen guten Job gemacht hat.

Die Antwort aus dem North Carolina Biotechnology Center macht dagegen unmißverständlich klar, dass solche Fragen als störend, wenn nicht gar als schiere Belästigung empfunden werden: mit Risiken hätten sich Politik und Wissenschaft lange genug beschäftigt, ohne zu abschließenden Ergebnissen zu kommen. Damit müsse Schluß sein. Jetzt gehe es um das Machbare und um den Erfolg. Gentechnik und Nachhaltigkeit seien vor allem in der Landwirtschaft keine Gegensätze. Und schließlich ist es für North Carolina ausgesprochen vorteilhaft, wenn demnächst die Tabakpflanzen besser genutzt werden könnten, z.B. um Vorprodukte für die Kunststoffindustrie zu erzeugen.

Von vergleichbar zweifelhaften "Erfolgen" träumt man auch in der Bundesrepublik. So hat Nordrhein-Westfalen 1998 mit North Carolina ein Kooperationsabkommen geschlossen, das speziell auf die Zusammenarbeit der Initiative Bio-Gen-Tec-NRW mit dem North Carolina Biotechnology Center abstellt


Ein soziales Idyll?

Zum Selbstverständnis vieler Hochschulen in den USA gehört es, sich für das Gemeinwesen zu engagieren. Vor allem Colleges und kleinere Universitäten sind in diesem Bereich aktiv. Sie beteiligen sich z.B. personell oder materiell an der Stadtentwicklung und Stadtteilarbeit. So wirbt z.B. das Occidental College in Los Angeles bei seinen Studierenden um aktive Beteiligung bei Stadtteilprojekten, mit dem Ergebnis, dass sich regelmäßig freiwillig zumindest 20 % der Studierenden im Bereich Kinder- und Jugendarbeit engagieren. Die Clark University in Worcester, Massachussetts, hat mit Geld und durch persönliches Engagement von Studierenden und Lehrenden dazu beigetragen, daß ein Stadtteil von Worcester, dessen Häuser überwiegend aus dem späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert stammen, saniert worden ist.
Das Borough of Manhattan Community College in New York versucht durch die Zusammenarbeit mit Highschools vor allem SchülerInnen aus ethnischen Minderheiten für ein späteres College-Studium zu motivieren und die Eltern dafür zu gewinnen.

Und auch der Gleichstellung von Frauen wird an einigen Hochschulen in den USA besonders viel Bedeutung beigemessen: "Den Frauen nicht gleiche Chancen, sondern jede Chance geben" so lautet das Motto des Wellesley College in Massachussets. Gegründet im 19. Jahrhundert, zu einer Zeit, als Frauen an den vorhandenen Hochschulen nicht studieren durften, ist es heute eine der renomiertesten Frauenhochschulen in den USA.

Getreu dem genannten Motto wird die Berufswahl und Karriereplanung der Studentinnen sehr ernst genommen. Den Frauen wird bereits zu Beginn des Studiums empfohlen, sich Klarheit über ihre Vorstellungen und Wünsche zu verschaffen. Mit speziell dafür ausgearbeiteten Selbstbeurteilungsübungen wird ihnen dieser Klärungsprozess erleichtert.
Wie alle amerikanischen Hochschulen pflegt auch das Wellesley College den Kontakt zu seinen Absolventinnen (Alumni). Neben dem Interesse an möglichen finanziellen Zuwendungen will das College sein Netzwerk von Frauen, die im Beruf stehen, pflegen und erweitern. Dieses Netzwerk gibt den Studentinnen sowohl die Möglichkeit, während des Studiums durch den Kontakt mit Ehemaligen Erfahrungen in deren Berufsfeld zu sammeln, als auch Hilfestellungen nach dem Studium. Einige ehemalige Absolventinnen fungieren als Mentorinnen, d.h. sie begleiten beratend den Werdegang einer Studentin.

Für das College ist das Alumni-Netzwerk auch aus einem anderen Grund interessant: so läßt sich darüber herausfinden, in welchen Bereichen die Frauen beruflich unterkommen sind. Das wiederum läßt Rückschlüsse darüber zu, ob die entsprechenden Studiengänge dafür eine gute Vorbereitung sind oder ob Studieninhalte überarbeitet werden müssen.
So vielversprechend dieser Ansatz der Frauenförderung ist, betrifft er aber real nur eine kleine Gruppe von Frauen, die sich ein Studium an einer Elitehochschule leisten können.

Gemäß der Erkenntnis, dass noch lange nicht alles Gold ist, was glänzt, täte der bundesdeutschen Reformdebatte auch in Bezug auf das Vorbild USA etwas mehr Sachlichkeit gut. Sicher gibt es an amerikanischen Hochschulen eine Menge interessanter und diskussionswürdiger Ansätze und Lösungswege für die verschiedenen hochschulpolitischen Probleme. Es lohnt sich also, genauer hinzusehen und herauszufiltern, welche Dinge sinnvoll übertragbar wären und welche zu den historischen, kulturellen und gesellschaftlichen Besonderheiten des jeweiligen Bildungssystems gehören, die nicht einfach kopiert werden können oder sollen. Es gehört aber in den Bereich purer Ideologie, das amerikanische System als das Bessere darzustellen und es zum strahlenden Vorbild für das deutsche Hochschulwesen zu machen.

Ingrid Fitzek ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschafts, Hochschul- und Technologiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen

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