Lothar Jahn
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An Uralt-Grüne
mit der Bitte um Unterstützung

Hofgeismar, 4. August 1999


Liebe Freundinnen und Freunde,

einige Veteranen aus Nordhessen haben sich zusammengefunden, um dem Papier der Jungen Grünen ("Zweite Chance") etwas inhaltlich Fundiertes entgegenzusetzen. Wir würden uns freuen, wenn Ihr Euch mit diesem Text auseinandersetzt.
Anregungen, Änderungen und Ergänzungen an o.a. Adresse. Wer das Papier unterschreiben möchte, teile uns das per Fax mit.

RENOVIERUNG STATT UMZUG
Das grüne Haus sanieren

Nachdem die 40 jungen GRÜNEN um Matthias Berninger, Jens Kröcher und Cem Özdemir die Diskussion um den weiteren Weg der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den letzten Wochen bestimmten, gibt es nun eine Antwort von GRÜNEN der ersten Stunde:

Liebe junge Grüne!

Merkwürdigerweise blieb die echte Auseinandersetzung mit Eurem Papier bislang auf die Parteijugend beschränkt. Die "Alten" haben das Papier entweder unwillig beiseitegelegt oder unkritisch applaudiert. Beides halten wir für unangemessen.
Die Unterzeichner sind Parteimitglieder der ersten Stunde, die über Jahre hinweg allen Stürmen getrotzt haben. Wir haben an Bauzäunen gerüttelt, vor Raketendepots gesessen, Flugblatt-Texte nächtelang durchdiskutiert, erste
Gehversuche in den Parlamenten gemacht - damals hat man uns verachtet, verlacht, beschimpft und ausgetrickst. Egal, wir haben weitergemacht. Wir erzielten Beachtung, feierten erste Erfolge, stoppten Baupläne und gehörten plötzlich dazu. Wir haben auch die langen Durststrecken gemeistert, die Fundi-Realo-Kämpfe durchlitten, und blieben, als andere der ersten Stunde gingen und uns als Verräter, Idioten oder machtgeil beschimpften. Wir hatten unsere Ziele, unsere Hoffnungen und unser Wissen, und wir wußten, daß ein langer Atem not tut.
Dennoch waren wir ungeduldig wie ihr. Erst später haben wir gelernt, gelassener zu werden und die gesäten Pflanzen wachsen zu lassen. Nach fast zwei Jahrzehnten feierten wir dann die lang ersehnte Regierungsübernahme in Bonn und waren doch bald irritiert über manches, was folgte. Und auch jetzt, nachdem der Kosovo-Krieg in den GRÜNEN tobte und einstige Freunde zu erbitterten Feinden machte, blieben wir. Die Partei ist doch auch unser Kind und die Jahrtausendaufgaben sind noch lange nicht bewältigt.

Nun hören wir, daß Ihr uns grünen Senioren die Hauptschuld an der Parteikrise gebt und uns am liebsten ins alternative Altersheim entlassen würdet. Weil wir da noch nicht hinwollen und weil uns die Zukunft der GRÜNEN nicht egal ist, haben wir uns die Zeit genommen, uns näher mit Eurem Einwurf auseinanderzusetzen.

Dreimal trefft Ihr ins Schwarze: Auch wir finden es sehr merkwürdig, wie die Bündnisgrünen mit denen umgehen, die sie nach außen vertreten sollen: Kaum gewählt, entzieht man ihnen nur zu oft die Unterstützung, und sie werden zum Nörgelobjekt. Ein Mechanismus, der selbst vor Joschka Fischer nicht halt macht, der sich sonst an jeder Dorfkreuzung die Kehle heiser schreien soll. Im Moment erleben wir's wieder bei der Demontage von Jürgen Trittin, aber jeder Ortsverbands-Vorstand kann davon ein Lied singen. Denn fast jeder GRÜNE, der kein Amt übernimmt, ist überzeugt, daß er's besser machen würde. Statt
Hilfestellung und Unterstützung herrschen Mißtrauen, Argwohn und Neid. Wir sind sehr enttäuscht, wie das gegenseitige Unterstellen unlauterer Motive, verbunden mit einem oft mehr als unfreundlichen Umgangston, sich in einer Partei
durchgesetzt hat, deren Programm doch eigentlich die pure Menschenfreundlichkeit sein soll. Das muß sich ändern. Die Solidarität mit den Gewählten setzt allerdings voraus, daß diese sich nicht zu kleinen Fürsten entwickeln, die mimosenhaft jede Kritik zurückweisen und sich nur noch sich selbst verantwortlich fühlen. Ein kollegialer Führungsstil und die Bereitschaft zur
Teamarbeit sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

Auch mit einem zweiten Punkt habt Ihr recht: Das selbstgerechte Auftreten vieler GRÜNER gegenüber den Bedürfnissen und Wünschen der "breiten Masse" ist oft unerträglich. Anstatt offensiv und freundlich für die eigenen Argumente zu werben, werden Zweifel brüsk zurückgewiesen, Andersdenkende abgekanzelt und besserwisserisch belehrt. Die Richtigkeit des eigenen Weges bestätigt man sich gegenseitig in seinen Zirkeln, in die man nur selten frische Luft von außen kommen läßt. Dort fehlt dann die offene Diskussion in Toleranz unterschiedlicher Standpunkte, statt dessen wird anhand der altbewährten und bekannten
grüninternen Frontlinien hin- und herdiskutiert und - gestimmt. Querdenker sitzen auch in einer Partei, die sich doch ganz der Querdenkerei verschrieben hat, zwischen allen Stühlen.

Schließlich teilen wir Eure treffende Analyse über das Auseinanderklaffen von Parteitagsbeschlüssen und Regierungshandeln. Hier muß sich etwas ändern, wenn wir nicht als doppelzüngige Partei wahrgenommen werden wollen.

Alle drei Übel sind natürlich Konsequenzen der grünen Geschichte. Punkt eins resultiert aus dem Ideal, alle an der Politik zu beteiligen. Daß aber nicht nur die Fähigkeiten unterschiedlich verteilt sind, sondern auch die Bereitschaft, seine Kraft ganz der Parteiarbeit zu opfern, wurde übersehen. Punkt zwei ist ein Überbleibsel aus der Zeit, als man nur zu oft "allein gegen alle" stand. Doch die gesellschaftliche Entwicklung ist weitergegangen und das grüne Einigeln nimmt manchmal schon sektiererische Züge an. Punkt 3 schließlich hängt mit der gegenseitigen Befriedung der Flügel über Formelkompromisse zusammen und mit der falschen Vorstellung, daß der Spatz in der Hand nur zu bekommen ist, wenn man die Taube auf dem Dach fordert.

Wiewohl es stimmt, daß solche Strukturen und Umgehensweisen aus der Parteigeschichte resultieren, so sehr weisen wir zurück, daß die Gründergeneration, die übrigens sehr viel diskussionsfreudiger, lernbegieriger und offener begann, als man das angesichts eingefahrener Rituale glauben mag, die Alleinschuld an der Parteikrise trägt. Die "jungen Grünen" sind nun auch schon viele Jahre Realität in der grünen Parteikultur, und nicht wenige der Unterzeichner Eures Papiers haben sich ebenfalls an Promi-Mobbing,
"Inner-Circling" und faulen Kompromissen beteiligt. Darüber hinaus habt Ihr mit manchem unbedachten Vorstoß ("Staa(r)t 2000", "liberale Familienpartei") die in der Öffentlichkeit ohnehin gewachsenen Zweifel an der grünen Glaubwürdigkeit bestärkt. Trotzdem danken wir Euch für den richtigen Spiegel, den Ihr uns allen an dieser Stelle vorgehalten habt.

Heftig widersprechen möchten wir Euch aber bei Eurem einseitigen Vorstoß ins liberale Lager. Es gibt zwar schon lange Berührungspunkte mit dem linksliberalen Flügel, der der Beschneidung von Bürgerrechten kritisch gegenübersteht. Die
meisten Wähler/innen dieser Richtung sind inzwischen aber ohnehin bei grün oder rot gelandet. Eine grüne Partei, die sich in irgendeiner Weise noch ernstnimmt, wird aber das verbliebene Stammwähler-Klientel der F.D.P. nie erreichen können.
Die "Leistung-muß-sich-wieder-lohnen"-Fraktion, die einen schrankenlosen Kapitalismus das Wort redet, ist für den Gedanken einer sozialen und ökologischen Verantwortung der Wirtschaft nicht zu begeistern. Ganz davon abgesehen haben wir auch eine linke Flanke, die in Gefahr ist. Wollt Ihr das deutliche Erstarken der PDS wirklich ohne Widerrede hinnehmen? Sie ist uns
prozentual dicht auf den Fersen. Mit ein paar aufmüpfigen Achtziger-Jahre-Phrasen versucht sie, ihre autoritäre Vergangenheit vergessen zu machen und uns jahrelange Stammwähler abzuwerben. Gerade im Osten, wo unser Zentralthema Umwelt kaum einen Hund hinter den Ofen hervorlockt, wird es nötig sein, mit deutlichen Akzenten auf den Themen Soziales und Demokratie die
Auseinandersetzung mit der PDS zu suchen.

Um die ganz unterschiedlichen Zielgruppen zu erreichen, die für grünes Gedankengut eigentlich empfänglich sind, müssen die GRÜNEN das Kunststück fertigbringen, eine "alternative Volkspartei" zu werden. Wir hatten Anfang der 80er eine Formel gefunden, an die vielleicht einmal erinnert werden sollte: Wir sind liberal, wo es um die Ausweitung von Bürgerrechten geht, wir sind konservativ, wo es um die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen geht, und wir sind sozial, wo es um die Beseitigung von sozialer Ungleichheit geht. Die Erinnerung an diese Maximen könnte Wegweiser sein dafür, wie wir den konkurrierenden Parteien Wählerinnen und Wähler abwerben können, um sie für unsere Politik zu begeistern.

Apropos Begeistern: Joschka hat es schön formuliert im letzten Jahr - die GRÜNEN "brennen" nicht mehr für ihre Ideen. Wir brauchen viel mehr Persönlichkeiten, die in mit ihrem Handeln, Reden und Auftreten grüne Werte lebendig werden lassen. Nur mit solchen Vertretern sind die Köpfe UND Herzen all derer zu erreichen, die zur Zeit nur abwartend oder kopfschüttelnd am Rande stehen, wenn sie die GRÜNEN beobachten. Die hierzu benötigten Fähigkeiten sind keine Frage des Alters!

Und hier steckt einer der größten Irrtümer Eures Papiers: Die Leute wollen die Parteien nicht als Dienstleister haben, der nüchtern politische Konzepte Schrittchen für Schrittchen umsetzt. Ihr unterschätzt viel zu sehr die emotionale Komponente des politischen "Spiels". Der ideale Politiker in dem von Euch vorgestellten Sinn wäre ein wendiger Bürokrat. Gesucht werden jedoch
Menschen mit Schwung, Rückgrat und Ideen, der Bereitschaft zum Zuhören, der Kenntnis der richtigen Wege und der Fähigkeit zur Selbstreflexion. Aus dem Vergleich mit dem Dienstleistungsbetrieb ist nur der Gedanke der "Kundenorientierung" zu gebrauchen. Die Partei muß sich viel stärker an ihren Wählerinnen und Wählern orientieren, ihre Ideen aufgreifen, sie vertreten, ihnen aber auch Anregungen zur gemeinsamen Weiterentwicklung geben. Als Partei ist es schließlich unsere grundgesetzlich verbriefte Aufgabe, zur Meinungsbildung beizutragen, aufzuklären und als "politischer Motor" zu wirken.

Das Bild des Dienstleistungsbetriebs reicht aber nicht aus, weil die großen Parteien gerade ihre Massenbasis dadurch haben, daß sie im wahrsten Sinne des Wortes eine "politische Heimat" schaffen. Man mag über Diavorträge der Senioren-Union und Stricknachmittage sozialdemokratischer Frauen seine Witzchen machen, solche Veranstaltungen schaffen jedoch fast schon familiäre Bindungen, die politische Ziele in gelebten Alltag übersetzen. Ja, es gab eine Zeit, als wir Ähnliches in der Gemeinschaft von Bürgerinitiativen, Umwelt-, Friedens- und Frauengruppen auch zu bieten hatten und das Auseinanderbrechen und -streben
dieses "alternativen" Milieus ist sicher ein Hauptgrund für unsere schon lange währende Krise. Doch anstatt uns damit abzufinden, daß es diese von Euch wohl eher belächelte Szene nicht mehr gibt, sollten wir doch einige Gedanken daran verschwenden, wie wir wieder als gesellschaftliche Bewegung relevant werden können.

Daß dies nicht mit einer platten Renaissance der 80er funktionieren wird, wie es sich einige erträumen, die die GRÜNEN nun verlassen, um sie wieder von vorn zu gründen, ist auch klar. Wir möchten aber Euer Bewußtsein dafür schärfen, daß wir
etwas verloren haben, daß uns massiv geholfen hat, zu leben und zu überleben.

Insofern trifft uns Eure sehr böse Kritik an unseren vielen, oft vergeblichen Versuchen, Alltagsleben und politische Utopien unter einen Hut zu bringen. Natürlich war da auch etwas Naives dran, wenn für den Frieden geradelt, gesungen oder gefastet wurde, und doch haben wir mit unseren Sehnsüchten, Visionen und Ängsten es immerhin geschafft, eine Partei aufzubauen, die Euch heute nährt und trägt. Wenn ihr klagt, grün sei heute "mega-out": Wir waren einst sowas von hyper-hyper-mega-out, wie Ihr Euch das gar nicht mehr vorstellen könnt. Es gab doch nicht nur die Phasen, wo man in Massen im Bonner Hofgarten stand. Wir denken zurück an Zeiten, wo wir die Outlaws der Parlamente waren, wo wir mit acht Leuten 4 Transparente getragen haben oder zu dritt im Ortsverband zusammensaßen. Ihr wollt den GRÜNEN die zweite Chance geben, aber es ist bereits die zehnte, zwölfte, zwanzigste. Und nur durch solche geduldigen und beharrlichen Menschen, wie wir es waren, gibt es die Partei überhaupt noch. Von den HipHoppern wißt Ihr ja wohl, wie wichtig "respect" ist: Ein bißchen Achtung vor unserer Lebensleistung wäre nett.

Es ist auch eine Anmaßung, wenn Ihr davon sprecht, daß für uns die Politik das Leben war/ist, während Ihr Euer Leben mit in die Partei bringt. Natürlich haben wir den ganzen Politkram oft viel zu wichtig genommen. Aber trotzdem haben wir sehr wohl auch unsere Familien groß gezogen, uns durch unsere Berufe gewurschtelt, wir haben geliebt und gelitten, gekämpft und gekuscht und uns nur zu oft ganz und gar nicht "grün" verhalten. Und Ihr, seid Ihr wirklich so cool und immun gegen die Vereinnahmung durch die Politik? Das Bild, wie ein "junger Grüner" nach gescheiterter Kandidatur sich weinend am Boden der Halle krümmt, spricht eine andere Sprache. Was bei uns vielleicht noch anders war: Wir haben die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht so knallhart vorgenommen wie ihr. Damals war auch materiell noch nicht soviel zu gewinnen in der Partei: Von wegen Geschäftsführer- und ähnliche Jobs, wir zahlten unsere Flugblätter meist aus eigener Tasche. Und das war auch gar nicht schlimm, denn wir wußten ja, wofür.

Mit der Systemfrage macht Ihr es Euch auch zu einfach, wenn Ihr sie schlicht mit "Ja" beantwortet. Natürlich schwimmen wir inzwischen im Parlamentarismus wie der Fisch im Wasser und haben uns alle seine Tricks und Finessen angeeignet. Trotzdem ist das nicht das Ende der Diskussion darüber, wie mehr Demokratie und gesellschaftliche Teilhabe inklusive mehr Unabhängigkeit von den Vorgaben aus den Chefetagen durchgesetzt werden kann. Vor allem, wenn man sich von der Perspektive eines wohlgenährten Gemeinwesens löst und hinaus in die Welt blickt, werden die offenen Fragen immer größer. Können wir uns mit einem "System" arrangieren, in dem der große Reichtum in unseren Breiten durch erschreckende Armut anderswo erkauft wird? In der wir die Waren im Überfluß konsumieren, die am anderen Ende der Welt zu Hungerlöhnen unter erschreckenden Arbeitsbedingungen produziert werden? Diese globale Sicht relativiert den kurzsichtigen Blick auf die Annehmlichkeiten des Lebens im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Die Erkenntnis der Grenzen des Wachstums war Initialzündung für die Gründung unserer Partei. Das müssen wir wieder viel stärker mitreflektieren. Tun wir das nicht, werden uns, vor allem aber Euch diese Probleme mit viel stärkerer Brutalität wieder einholen.

Als Fazit unserer Überlegungen möchten wir auch Euer zentrales Bild in Frage stellen, es ginge um einen Umzug in ein neues Haus, bevor der Dachboden einstürzt. Das, was die GRÜNEN heute noch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit positiv darstellen, verdanken sie dem Fundament, das wir einst mühsam aufgebaut haben. Diese neue Kombination von Rücksicht auf die Natur, dem Willen zum friedlichen Zusammenleben, sozialer Gerechtigkeit und soviel Liberalität wie möglich. Daß das uns ernst war, schimmerte auch noch durch die erbittertsten Debatten durch. Das hat man auch dann noch in uns entdecken können, wenn wir uns intolerant und unfriedlich verhielten. Übrigens haben wir Alt-Grünen - viele von uns kamen damals ganz neu in die Politik, andere kamen aus anderen Gruppen oder Parteien, die sie enttäuscht hatten - diesen Wertekanon entwickelt in einer sehr
kritischen Auseinandersetzung mit dem Ballast der 68er-Bewegung. Sei es der K-Gruppen- Dogmatismus, der RAF-Terrorismus, das Liebäugeln mit dem "real existierenden Sozialismus", die elitäre Sprache und Bevormundung der "Massen" oder die Bereitschaft zu politischer Gewalt - all das wurde damals sehr genau reflektiert. Insofern geht es uns auf die Nerven, daß jeder, der nicht mit Euch auf der Schulbank gesessen hat, zum "Alt-68er" gemacht wird.

Es fehlt Euch an Differenzierung: Es gibt nicht nur junge Grüne und Alt-68er, nicht nur Pragmatiker und Linksdogmatiker, nicht nur dynamische Modernisierer und ewiggestrige Müslifreaks. Die grüne Wirklichkeit ist viel bunter, und Eure Schwarzweißmalerei stellt wichtige und wohlmeinende Mitglieder, die sich seit Jahren für die Partei aufgerieben haben, ins Abseits. Einfache, klare Strukturen können ja manchmal hilfreich sein, doch sie verleiten auch zu einfachen Lösungen. Nach unserer Erfahrung ist es wichtig, auch manchmal mühsame Prozesse auszuhalten, die erst nach und nach eine Klärung hervorbringen. Geschlossenheit
und Einigkeit ist kein Selbstzweck - Auseinandersetzungen können fruchtbar sein, wenn sie in gegenseitigem Respekt stattfinden, und auf die Dauer vielleicht zu einem neuen gemeinsamen Nenner führen, der mehr ist als ein Formelkompromiß. Dabei kann ganz sicher auch der eine oder andere Träumer, Grufti oder 68er helfen.

Fazit: Wir halten das grüne Haus für bewahrenswert. Wir wollen keinen vor die Tür setzen. Wir sehen auch keinen leichten Herzens gehen. Sicher, wir hängen nostalgisch noch an manchem Möbelstück, daß ihr nur noch als Ballast empfindet.
Aber los: Laßt uns gemeinsam diskutieren, wie unser Haus eingerichtet werden soll. Wir woll(t)en eine bessere Welt, Ihr wollt eine effizientere Partei - beides muß ja kein Widerspruch sein!

Nach unserer Überzeugung brauchen die GRÜNEN:
- eine neue Kultur des Dialogs. Das heißt, wir müssen uns viel stärker nach außen öffnen, in die Gesellschaft hineingehen, die Ohren und Augen öffnen;
- kein Aufgeben unserer Grundwerte, sondern ihre Übersetzung in die Problemlage des Jahrtausendwechsels: Die elementaren Zukunftsfragen, die oft von der Tagespolitik beiseite geschoben werden, gehören wieder auf die Tagesordnung;
- einen Selbstverständnisdebatte - nicht nur als parteiinterne Veranstaltung, sondern unter Einbeziehung unserer Sympathisanten und Kritiker;
- keine Ausgrenzung von Mitgliedern, sondern den Versuch eines Neuanfangs mit Respekt vor den unterschiedlichen Positionen, Fähigkeiten, Eigenheiten und Absichten;
- klare und verbindliche Strukturen, aber eine Parteikultur, die die Lust zum Mitmachen weckt und dem einzelnen Förderung, Unterstützung, Entwicklungs- und "Aufstiegs-"Möglichkeiten bietet;
- mehr Vernetzung und Miteinander statt Konkurrenz, mehr Teamarbeit als die Herausbildung mächtiger Führungsfiguren;
- mehr Freundlichkeit, Höflichkeit und Interesse für einander über die Parteiarbeit hinaus;
- eine Anbindung von mehr Menschen an die Parteiarbeit, auch wenn sie nicht Parteimitglied werden wollen, durch "offene Listen", offene Türen, offene Herzen.
- eine Rückgewinnung unserer Kampagnenfähigkeit. Die ergibt sich aber fast von selbst, wenn wir all das beherzigen.

So richtig es ist, daß die GRÜNEN nicht zur Glaubensgemeinschaft der Besserwisser verkommen dürfen, die unbeeindruckt von allen gegenwärtigen Entwicklungen ihre ewig gültigen linken, ökologischen und pazifistischen Wahrheiten herunterbeten, so falsch ist es, ins virtuelle Nichts der "neuen Mitte" im irgendwie liberalen Zeitgeist davonzusurfen. Ein Neubau mit blanker Fassade, das schick und funktional zum Himmel ragt, mag sicher seinen Charme haben. Aber ein wunderschöner Altbau, der fachgerecht renoviert und neu herausgeputzt wird, stellt den funkelnden Glaspalast doch in den Schatten, denn er hat schon eine Seele. Die müssen wir uns bewahren!

Dr. Lothar Jahn, Pressesprecher Kreisverband Kassel-Land
Bernd Schäfer-Valtink, Kreisvorstand Kassel-Land
Bärbel Maxisch, Kreistagsabgeordnete im Landkreis Kassel
Thomas Emde, Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament Hofgeismar
Monika Frank, Fraktionsvorsitzende der Kreistagsfraktion im Landkreis Kassel
Marianne Sauer, Magistratsmitglied der Stadt Vellmar
Werner Maxisch, Ortsverband Kaufungen

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(Selbstverständlich sind auch mittelalte, junge und ganz junge Grüne als Unterstützer willkommen!)